Samstag, 25. Oktober 2014

Update nach zwei tollen Wochenendausflügen

Hallo ihr Lieben,

jetzt ist es doch schon wieder eine ganze Weile her, dass ich mich das letzte Mal bei euch gemeldet habe und naturgemäß hat sich auch schon wieder das eine oder andere angehäuft, was es zu berichten gibt. An der Tatsache, dass ihr schon länger nichts mehr von mir gehört habt, könnt ihr dann gleichzeitig auch ablesen, dass ein paar sehr intensive Wochen hinter mir liegen, was einerseits mit einer Vielzahl interessanter Vorlesungen, die in einem Fall für mich auch mit einer Prüfung verbunden war, zu tun hat, dann aber auch mit verschiedenen einzelnen Veranstaltungen an Abenden und insbesondere mit zwei Ausflügen, die so im offiziellen Studienjahrsprogramm nicht vorgesehen sind und die zuletzt zwei Wochenenden ausgefüllt haben.

Es wird Herbst!

Mittlerweile ist auch bei uns der Herbst hier in Jerusalem durchaus ein bisschen angekommen. Das merkt man daran, dass die Temperaturen doch ein ganzes Stück zurück gegangen sind und man zum ersten Mal seit längerer Zeit das Gefühl erlebt, ein wenig zu frieren, zumindest wenn die Sonne sich hinter den deutlich häufiger gewordenen Wolken versteckt und ein kalter Wind aufkommt. Natürlich würde ich das immer noch als einen Herbst bezeichen, den ich in Deutschland über weite Teile auch als nicht unangenehmen Sommer durchgehen lassen würde und ich bin mir sicher, wenn ich so das Wetter bei euch mitbekomme, dass die meisten hier sicherlich im Gegensatz zu mir nicht frieren würden. Ein besonderes Erlebnis gab es dann vor knapp 2 Wochen auch zu verzeichnen, nämlich den ersten Regen seit meiner Landung hier (auch wenn er nicht besonders lange anhielt). Interessanterweise hatte ich zuvor schon auf dem Balkon gestanden und die dunklen Wolken angesehen und auch der Geruch von bald kommendem Regen lag schon in der Luft. Dass er aber tatsächlich fallen würde, hatte ich nicht unbedingt erwartet, denn zumeist war er in ähnlichen Situationen in den letzten Wochen immer noch oben geblieben. Mittlerweile passiert es tatsächlich schon alle paar Tage, dass mal ein kurzer Schauer den Himmel verlässt. Zumeist hört es aber schnell wieder auf (zumindest jetzt noch). Blöd ist das dann eigentlich nur, wenn man gerade in den 10 Minuten, die es regnet, auf dem Rückweg von der Kirche nach Hause ist (so geschehen gestern). Ansonsten finde ich es eigentlich sogar manchmal ganz schön. Als es neulich einmal richtig dunkel wurde und der Regen fiel, war das ein richtig schönes Bild von meinem Balkonfenster aus, erst recht, als die schwarzen Wolken so tief hingen, dass man noch ein wenig den blauen Himmel darüber sehen konnte. In diesem Moment fällt mir so ein bisschen auf, dass auch der deutsche Herbst ein paar schöne Seiten hat und auch wenn ich ihn bislang nicht so sehr wertgeschätzt habe, merke ich hier doch manchmal auch ein wenig, wie er mir fehlt.

Vorlesungsbetrieb

Nicht nur der Herbst ist mittlerweile in Jerusalem erkennbar angekommen, sondern auch ich ;-) Das merkt man einerseits leider doch auch daran, wie schnell man sich an all die fantastischen Impressionen hier gewöhnt, von denen man doch eigentlich jetzt schon weiß, wie sehr sie einem dann später fehlen werden. Aber es zeigt eben doch, dass einen der Alltag hier mittlerweile ziemlich erfasst hat. Das merkt man auch an der Taktung der Vorlesungen. Wenn unter der Woche der gesamte Vormittag und nicht unhäufig auch Teile des Nachmittages durch Vorlesungen oder Sprachkurse gefüllt werden, vergehen die Tage doch immer sehr schnell und wenn man gerade nicht im Vorlesungssaal sitzt, gibt es schon eigentlich immer genug, was liegen geblieben ist und getan werden muss, sodass man sich wirklich bewusst seine Auszeiten nehmen muss, um auch mal aufzutanken. Dafür sind die Veranstaltungen aber dann überwiegend doch sehr interessant und man merkt, wie sehr es auch für die Professoren und Professorinnen etwas besonderes ist, hier her kommen zu können. Sehr entgegen kommt mir dabei auch der Charakter der Vorlesungen als Blockseminar, was ja anders gar nicht möglich wäre, wenn man die Leute extra einfliegen lässt. Auf diese Weise kann man deutlich tiefer in ein Thema eintauchen, als das in einem regulären Vorlesungsbetrieb mit einmal in der Woche einer Doppelstunde sonst möglich wäre. 
Bereits in meinem letzten Beitrag habe ich ja schon die Veranstaltungen bei Professor Küchler und Frau Professor Dr. Hoegen- Rohls angedeutet. Mit Herrn Küchler durften wir noch einige Exkursionen innerhalb Jerusalems auf uns nehmen, unter anderem in die Grabeskirche, auf den Zion oder auf den Ölberg. Dabei haben mich vor allem zwei Dinge beeindruckt. Zum einen, wie unglaublich viele Ausgrabungsorte es hier gibt, sodass man teilweise wirklich das Gefühl hat, die Archäologen können gar nicht alles in gleichem Maße aufbereiten bzw. dem allen gerecht werden. Da kommt es dann halt schon mal vor, dass der Weg zu einem Essenertor einen unscheinbaren Hügel hinab über ein paar Müllhaufen führt. Zum anderen, wie unglaublich viel Herr Küchler darüber weiß. Ich fürchte, es ist nicht allzu sehr übertrieben zu sagen, dass er uns wohl über fast jeden Stein eine halbe Stunde etwas hätte erzählen können, ohne dabei auf irgend ein Blatt sehen zu müssen. Für jede Ausgrabungsstätte in der Stadt, jede Mauer und jeden Hügel hatte er für uns einen äußerst detaillierten Ansichtsplan mitgebracht, die alle seinem großen Werk "Jerusalem. Ein Handbuch und Studienreiseführer zur Heiligen Stadt" entnommen sind. Dieses "Handbuch" umfasst in der ersten Auflage ca. 1300 Seiten und verzeichnet wahrscheinlich wirklich jeden Stein, der in dieser Stadt ausgegraben wurde. (Im Prinzip hat sich Herr Küchler sein ganzes Leben lang mit der Stadt beschäftigt. Von Herrn Vieweger, der ebenfalls einmal während einer Exkursion zu uns stieß, wurde er einmal als "Mister Jerusalem" vorgestellt. Die zweite Auflage hat übrigens nur noch 800 Seiten, ist aber trotzdem genauso dick, weil der Verlag dickeres Papier wählte, wie uns Küchler mit einem Augenzwinkern erzählte). Auch wenn Herr Küchler in Zukunft die Verantwortung für weitere Auflagen an seinen ihn ebenfalls begleitenden Assistenten Markus Lau abgegeben hat, kann er es beim Anblick einer jeden neu ausgegrabenen Zisterne und jedem für ihn neuen Stein einfach nicht lassen, selbigen sofort darauf hinzuweisen, dass man dies gleich einzeichnen müsse. Es ist wirklich schön zu sehen, wie in einem Siebzigjährigen immer noch dieses Feuer brennt, das ihn dazu antreibt, über mehrere Tage hinweg mit einer Gruppe Studenten die Berge Jerusalems auf und ab zu wandern, ihnen die vielen Kirchen, Mauern und Tore zu zeigen und dabei immer noch den fittesten Eindruck von allen zu machen. Tatsächlich war es nun aber das letzte Mal, dass Herr Küchler das Studienjahr besucht hat. Auch diese Aufgabe wird er zukünftig an Markus weitergeben, der immer wieder auch schon Teile übernahm und dabei zeigte, dass er das sicherlich in den nächsten Jahren nicht minder gut machen wird. Allerdings war es Herrn Küchler bei seiner Verabschiedung schon anzumerken, dass auch eine gewisse Wehmut darin für ihn lag, nun die Stadt, die ja praktisch Gegenstand seines Lebenswerks ist, zu verlassen. Ich bin mir allerdings fast sicher, dass ihn die Stadt nach wie vor nicht loslassen wird und er bestimmt nicht zum letzten Mal in Jerusalem war ;-)
Neben vielen Kirchen, Mauern, Steinen und Toren kommen wir aber auch immer wieder an Orte mit fantastischem Ausblick oder auch an Orte, an denen biblische/ christliche Traditionen lokalisiert werden. Was mich dabei einmal mehr doch auch stört, ist, wie man für scheinbar jede biblische Zeile versucht hat, einen Ort zu finden, wo diese jetzt stattgefunden haben könnte, natürlich immer, um dann da auch eine entsprechende Kirche hinstellen zu können. Am Anfang fand ich es noch etwas besonderes, quasi neben dem vermeintlichen Abendmahlssaal etc. zu wohnen, aber wenn man sich länger in der Altstadt bewegt hat, ist es ja fast unmöglich, nicht dauernd über derartige Orte zu stolpern, sodass es sehr schnell an Reiz verliert. Hinzu kommen dann so Dinge wie vermeintliche Fußabdrücke, wo sich Jesus bei der Himmelfahrt abgestoßen haben soll, oder Gräber alttestamentlicher Propheten, bei denen uns Markus dann erklärt, dass diese Tradition erst 1400 Jahre nach dem Auftreten dieser Propheten aufkam. Umso bemerkenswerter ist es dann, wenn man, wie im Falle von Golgatha, auch einmal relativ gut plausibel machen kann, dass dies tatsächlich der richtige Ort in der Grabeskirche ist (wenngleich es aufgrund der kirchlichen Strukturen, die es umgeben, praktisch alles von seinem Steinbruchcharakter verloren hat). Herr Küchler verwies daher auch immer wieder auf seinen großen Wunsch, den er bereits Eingangs seines Buches formuliert, dass die drei Religionen doch ihre jeweiligen Heiligtümer in Jerusalem transparenter gestalten sollten und nicht so sehr darauf aus sein sollten, nur die Pilgergruppen anzulocken.

Einer dieser Orte ist der Garten Gethsemane.

Von "dominus flevit" aus hat man einen fantastischen Blick auf die Heiligtümer.



























 
Von hier aus soll Jesus die Stadt bei ihrem Anblick beweint haben- nicht aus Rührung, sondern ob ihrer zukünftigen Zerstörung.
Um hineinzukommen gelten strenge Vorschriften. Die Wächter haben allerdings Humor. Einen Komilitonen mit zu kurzer Hose winken sie schließlich durch, nachdem sie seine Körpergröße andeutungsweise nachgemessen haben ;-)
Ein besonderer Augenzwinkerer: Bei korrekter Lokalisation der biblischen Himmelfahrtsstelle landet man genau auf dieser Verkehrsinsel. Die entsprechende Mosche (!) dazu steht allerdings wenige Meter weiter bergauf.


















Die Veranstaltung mit Frau Professor Hoegen- Rohls wird mir vor allem deshalb positiv in Erinnerung bleiben, weil Frau Hoegen- Rohls hier als Person einen äußerst sympathischen Eindruck hinterließ. Im Gegensatz zu alldenjenigen aus der Professorenlandschaft, die wir zuvor hier erleben konnten, war es für sie das erste Mal, dass sie zum Theologischen Studienjahr nach Jerusalem eingeladen worden war. Dementsprechend war auch ihr noch einmal im besonderen Maße anzumerken, wie sehr sie es als etwas Besonderes empfand, hier sein zu können. In ihrer Vorlesung befassten wir uns mit dem Johannesevangelium und darin enthaltenen Partikularismen und ihren Ausweitungen. Da eine solche Perspektive auf das JohEv bislang so noch nicht bezogen wurde, entwickelte sich die Vorlesung immer mehr dahin, dass wir uns dem Thema gemeinsam und durchaus ergebnisoffen annäherten. Dabei empfand ich es als sehr beeindruckend und wertschätzend von Frau Professor Hoegen- Rohls, wie sehr sie all unsere Anregungen nicht nur ernst-, sondern auch dankbar aufnahm. Selbst für die Prüfung gestattete sie es, eine eigene Stelle aus dem Johannesevangelium auszuwählen und unter diesem Blickwinkel aufzubereiten, um diese dann in der Prüfung vorzustellen. Immer wieder ließ sie auch durchblicken, das ganze gemeinsam Erarbeitete möglicherweise veröffentlichen zu wollen, natürlich dann unter namentlichem Einbezug unserer Beiträge. Auch außerhalb des Vorlesungssaales legte sie diese Haltung an den Tag, indem sie sehr offen auf alle von uns zuging und sich sogar regelmäßig bei den Spülteams beteiligte. Da Frau Hoegen- Rohls in Münster lehrt, war es für mich sicherlich nicht das letzte Mal, dass ich ihr begegnet bin.
In den vergangenen beiden Wochen hatten wir dann Vorlesungen im Bereich Altes Testament und Ökumene. Im Bereich Ökumene hatten wir dazu mit Professor Dr. Theodor Dieter vom Institut für Ökumenische Forschung Straßburg einen sehr spannenden evangelischen Vertreter, der uns unter anderem aus den Erfahrungen seiner ökumenischen Arbeit von seinen diversen Audienzen bei den jeweiligen Päpsten der letzten Jahre erzählen konnte! Da sein katholisches Pendant Professor Dr. Bernd Jochen Hilberath leider absagen musste, wurde er von unserem Studiendekan kurzerhand vertreten. Inhalt der Vorlesung waren unter anderem ein Studiendokument der Lutherischen/Römisch-katholischen Kommission für die Einheit mit dem Titel "Die Apostolizität der Kirche", die Konzilstexte Lumen Gentium und Unitatis Redintegratio und nicht zuletzt die Leuenberger Konkordie. Neben viel Textarbeit gab es dabei aber auch reichlich Raum für Diskussionen. Insgesamt muss ich aber nach diesen zwei Wochen feststellen, dass sich mein erster Eindruck aus dem Studienjahr (leider) durchaus bestätigt und es im ökumenischen Bereich doch noch etliches mehr zu tun gibt, als mir das bislang vorkam.
Für das Alte Testament hielt uns Professor Dr. Leuenberger aus Tübingen eine Vorlesung über den "frühen JHWH" (für die Nichttheologen unter euch: JHWH ist die Umschrift der unvokalisierten Form des Gottesnamens im Alten Testament, d.h. es ging im Prinzip in der Vorlesung darum, woher der Gott religionsgeschichtlich stammt, an den letztlich die drei abrahamitischen Religionen glauben). Das war von vornherein eines der Themen, die ich schon beim erstmaligen Durchblättern des Vorlesungsverzeichnisses am spannendsten fand und mich entsprechend darauf freute. Und ich wurde auch definitiv nicht enttäuscht. Herrn Leuenbergers Art der Aufbereitung seiner Inhalte kam mir sehr entgegen, sodass ich gut folgen konnte und am Ende dann auch die Prüfung bei ihm zu meiner Zufriedenheit abschließen konnte. Sicherlich bislang mit die Vorlesung, aus der ich inhaltlich am meisten mitnehmen werde können.

Vorträge und Exkursionen

Wie bereits angedeutet, beschränkte sich auch in den letzten Wochen unser Programm nicht ausschließlich auf das reguläre Vorlesungsprogramm. Im Folgenden will ich euch also noch drei besondere Highlights der letzten 4 Wochen etwas näher schildern:

Da wäre zunächst unser gemeinsamer Synagogenbesuch zum Vorabend des Sabbat. Mit gemeinsam meine ich einerseits uns, also die Teilnehmer des Studienjahres, andererseits aber auch die Teilnehmer des anderen Studienprogrammes "Studium in Israel". Nachdem diese uns zunächst im Beit Joseph besucht hatten und für uns eine kurze Einweisung in die synagogale Liturgie vorbereitet hatten, konnten wir in kleineren Gruppen aufgeteilt auswählen, in welche der vielen verschiedenen Synagogen in Jerusalem wir gehen wollen. Eine Entscheidung, die natürlich auch damit zusammenhängt, ob man lieber einen orthodoxen Gottesdienst, oder einen Gottesdienst einer eher liberaleren Reformgemeinde erleben möchte. Wir entschieden uns für einen Besuch in der orthodoxen "Großen Synagoge". An dieser war ich an meinem ersten Tag im Sherut bereits vorbeigefahren und war nun auch neugierig, sie einmal von innen zu sehen. In der Tat trägt sie ihren Namen nicht umsonst. Da wir relativ früh dort waren, konnte ich beobachten, wie sie sich langsam füllte. Auch wenn sie nicht ganz voll wurde am Ende, fand ich es trotzdem beachtlich, wie viele Menschen den Weg dorthin gefunden hatten. Als wir nach dem Gottesdienst auf dem Platz vor der Synagoge standen, wurde mir das noch einmal bewusst, als ich die vielen Menschen aus selbiger herausströmen sah. Der Gottesdienst selbst war für mich auch sehr eindrücklich. Man sollte allerdings am besten gar nicht erst versuchen, im Gebetsbuch mitzulesen, denn das Sprechtempo überfordert nach Aussage unseres Studiendekans selbst erfahrene Alttestamentler und immer wieder werden auch Teile im Stillen gebetet, sodass man dann gar nicht mehr weiß, wo man nun wieder einsteigen soll. Hinzu kam, dass an besagtem Freitag auch noch eine abweichende Liturgie praktiziert wurde. Stattdessen lohnt es sich, die ganze Atmosphäre dort aufzusaugen, denn gerade in einer so großen Synagoge unterscheidet es sich dann doch noch einmal klar von einem christlichen Gottesdienst. Das beginnt schon damit, dass die Grenzen von Beginn und Ende nicht so scharf einzuhalten sind. Will heißen: man kommt im Prinzip, wann man will und man geht im Prinzip, wann man will. Und wenn dann jemand während des Gottesdienstes noch dazu kommt oder früher geht, ist es auch kein Problem, diesen quer durch den Raum zu begrüßen oder zu verabschieden. Es gibt im Prinzip einen Vorbeter, der alles spricht und singt und wann immer man es gerade gerne tun möchte, kann man auch ein paar Phrasen mitsingen, besonders laut mitsprechen oder einen bekräftigenden Ausruf dazu abgeben (wobei ich dazu sagen muss, dass das auch manchmal nur so wirken mag, weil man nicht genau damit vertraut ist, wann was zu sagen, singen etc. ist und es möglicherweise einem jüdischen Besucher in einem christlichen Gottesdienst ähnlich gehen würde. Mein Eindruck rührt eher daher, dass nie alle gemeinsam etwas machten, sondern eben immer nur ein unterschiedlich großer Anteil der Gemeinde). An diesem Freitag war dann auch noch ein kleiner Chor versammelt, der vieles gesanglich noch einmal besonders untermalen konnte. Gerade hier mochte ich die Stellen besonders, bei denen dann weite Teile der Gemeinde mit einstimmten. Insgesamt mag es einem Besucher, der eher einen christlichen Sonntagvormittaggottesdienst gewohnt ist, zwar ob des regen "Treibens" dort nur mäßig andächtig vorkommen, allerdings gab es dazwischen immer wieder Elemente, die für mich durchaus eine sehr besondere Atmosphäre transportierten. Im Anschluss an den Besuch gab es dann noch ein gemeinsames Beisammensitzen im Beit Jospeh und damit auch die Möglichkeit, mit den Studierenden von "Studium in Israel" noch ein paar Gespräche zu führen.

Ein weiterer sehr eindrücklicher Abend war unsere Begegnung mit Avital Ben- Chorin, der Witwe des verstorbenen Schalom Ben- Chorin. Als solche zumindest bereitete ich mich mental auf sie vor. Nachdem sie jedoch ihre ersten Sätze gesprochen hatte, war sie für mich schon bald nicht mehr "die Frau von...", sondern mein Interesse galt nun ganz schnell der Person Avital Ben- Chorin an sich. Sie hatte eine beeindruckende Lebensgeschichte zu erzählen, die unter anderem von ihren Erfahrungen mit den Anfängen des Holocaust in Deutschland handelte, als sie es den Schmähungen ihres antijüdischen Schullehrers im Prinzip zu verdanken hatte, dass sie überhaupt noch am Leben ist. Durch diese angestachelt entschloss sie sich nämlich schon im frühen Jugendalter den Schritt in das heutige Israel zu wagen, wo sie Lehrerin werden wollte. Im Nachhinein ein wohl goldrichtiger Schritt, denn den Tod ihrer Eltern konnte sie nach 1945 schließlich nur aus dem Ausbleiben einer Nachricht folgern. So erlebte sie hier unter anderem die Gründung des Staates Israel und die daraus resultierenden Konflikte mit, wie beispielsweise die Belagerung Jerusalems, inmitten der sie ihr Kind aufzog. 1958 gründete sie gemeinsam mit ihrem Mann die erste Reformgemeinde in Israel, wo man  heute noch in die Synagoge gehen kann. Trotz all der Gewalt, die sie in ihrem Leben schon miterlebt hat, zeigte sie eine bemerkenswerte Einstellung zur aktuellen Situation. Wann immer es um Palästinenser/ Araber/... geht, sprach sie ausschließlich von "unseren lieben Nachbarn". Nach dem Sechstagekrieg berichtete sie von ihren gemeinsamen Erfahrungen und Gesprächen zwischen Juden und eben diesen "lieben Nachbarn", die ihr bis heute die Hoffnung geben, dass der Frieden zwischen beiden keine bloße Utopie ist. Und als sie gleich zu Beginn davon sprach, wie sie als Kind mit christlichen und jüdischen Freunden gespielt hat, ohne dass ihr ein Unterschied bewusst gewesen sei, musste ich auch ein bisschen an eigene Kindheitserfahrungen denken und kann sehr gut verstehen, wie diese Eindrücke für sie immer noch so prägend sein müssen, dass sie damit jedem Vorurteil mit voller Überzeugung entgegentreten kann. Ich muss wirklich sagen, dass Menschen wie Avital Ben- Chorin bei mir eine besondere Art der Bewunderung auslösen. Mit ihren etwa 90 Jahren sitzt sie gut gekleidet und schick hergerichtet vor uns und findet auch 15 Jahre nach dem Tod ihres Mannes noch immer die Motivation dazu, Gesprächsabende wie den unseren zu gestalten. (Auch wenn dir das jetzt vielleicht ein bisschen unangenehm sein mag, wenn du das so mitliest, aber sie erinnert mich wirklich stark an dich, Oma ;-)

Die letzte tolle Begegnung, die ich an dieser Stelle noch schildern möchte, war unser Besuch einer hebräischsprachigen (!) Messe. Was man normalerweise eher mit messianischen Juden in Verbindung bringen würde, war aber tatsächlich eine ganz "normale" katholische Messe mit Kommunion etc. Dabei handelt es sich um eine Gemeinde, die sich insbesondere auf die Nachkommen (katholischer) Immigranten konzentriert, die also bereits hier geboren und mit der entsprechenden Sprache aufgewachsen sind, aber sich eben auch nicht dem Judentum zugehörig fühlen. Aber auch für eher säkular orientierte Einheimische ist man durchaus eine Anlaufstelle. Dass es keine leichte Aufgabe ist, eine solche Gemeinde in Israel mit verschiedenen Anlaufstellen (u.a. eben Jerusalem aber auch Tel- Aviv) aufrecht zu erhalten, wird uns sehr schnell vor Augen geführt. Insbesondere jüngere Leute können mit Eintritt der Wehrpflicht der Gemeinde nur schwer erhalten bleiben, denn oftmals sind sie dann nicht mehr zugegen, lernen in der Armee ihren Lebenspartner kennen oder ihr Schwerpunkt verlagert sich auf andere Weise weg von der Gemeinde. Etliche Leute kommen auch nur unregelmäßig, weil es ihnen in ihrem privaten Umfeld unangenehm ist, wenn andere davon wissen. Außerdem erzählt man uns dort von den anfänglichen Problemen bei der Gründung einer solchen Gemeinde, denn natürlich gab es keinerlei christliche Schriften auf Hebräisch und um solche erstellen zu können, bzw. eine Liturgie praktizieren oder überhaupt über Gottesdienst reden zu können, müssen erst einmal diverse Begrifflichkeiten gefunden werden (wie beispielsweise "Trinität"...). Wir hören auch von den verschiedenen Hilfsprojekten, die über die Gemeinde laufen, indem man beispielsweise Kinderbetreuung für Frauen übernimmt, deren Mann sie längst verlassen hat und die ohne Arbeit ihre Existenz in keinster Weise sichern könnten. Es ist in der Tat sehr berührend, welche Geschichten wir dabei zu hören bekommen. Schon zuvor habe ich auch die Messe selbst als sehr spannend empfunden. Zunächst muss ich dabei sagen, dass es mir nicht nur wegen der Sprache teilweise wie in einer Synagoge vorkam. Insbesondere die Tatsache, dass ich in dem hebräischen Gebetsbuch erneut überhaupt keine Ahnung hatte, wo wir gerade sind, kommt mir doch noch sehr bekannt vor ;-) Aber gerade das empfinde ich eigentlich als sehr bereichernd, denn dadurch verschwimmen ein Stück weit die doch so eindeutig scheinenden Grenzen zwische Judentum und Christentum und man kann sich vorstellen, wie einst das Christentum aus dem Judentum hervorging bzw. hat das Gefühl, ein wenig deren gemeinsame Wurzeln wahrnehmen zu können.

Wochenendausflug nach Tabgha

In dem Moment, wo ich euch das hier schreibe, ist es zwar schon drei Wochen her, aber dennoch ist mir unser Ausflug nach Tabgha noch immer sehr präsent. Zur kurzen Erläuterung: In Tabgha ist -um es vereinfacht zu sagen- eine Art Außenstelle der Dormitioabtei, also auch ein Benediktinerkloster, mit dem ein regelmäßiger Austausch der Mönche hier stattfindet. So fährt beispielsweise der Abt hier einmal im Monat unter anderem für eine Messe am Sonntag dorthin. Es liegt am Nordteil des Sees Genezareth unweit von Kapernaum. Dort gibt es auch ein Begegnungshaus, das so genannte Beit Noah, und dort besteht prinzipiell für jeden, aber natürlich noch einmal insbesondere für Studienjährler, die Möglichkeit dort sehr günstig unterzukommen. Für unsere anstehende Galiläa Exkursion werden wir beispielsweise ebenfalls für insgesamt 11 Tage dort untergebracht sein. Für unseren Wochenendausflug konnten wir in dort auf dem Gelände aufgebauten großen Zelten mit Platz für acht Betten übernachten- praktisch unmittelbar am See. So kam uns bereits vor der Jordanien Exkursion die Idee, in einer kleineren Gruppe doch einmal ein Wochende, so sich eine Möglichkeit auftun sollte, dorthin zu fahren und bewusst abzuschalten und aus allem rauszukommen, denn wie angedeutet: Ansehen werden wir uns die Orte dort dann auf der Galiläa Exkursion mit Sicherheit noch zu Genüge. Als wir dann erfuhren, dass wir am Tag der Deutschen Einheit frei haben würden und sich obendrein die Konstellation so herausstellte, dass niemand von uns an diesem Wochenende Prüfung haben würde, bemühten wir uns dann also relativ schnell darum, diese Idee umzusetzen. So fuhren wir am Freitag zu äußerst früher Stunde bereits mit einer öffentlichen Nah- und Fernbuslinie zunächst nach Tiberias, der nächstgrößeren Stadt dort am See, von wo aus wir umsteigen mussten. Dort angekommen, wollten wir uns erst einmal einen Anblick vom See verschaffen. Sehr schnell sollte sich herausstellen, dass wir entgegen aller Ankündigungen sehr wohl auch hier etwas vom besonderen Charakter des Jom Kippur, der ja eigentlich erst Samstag ist, aber wie auch der Sabbat eben schon mit dem Freitagnachmittag einsetzt, zu spüren bekommen würden. Denn während unsere Kollegen in Jerusalem am darauffolgenden Tag Picknick auf den sonst so viel befahrenen Hauptstraßen der Stadt machen konnten, zeigte sich auch hier bereits am Freitag, wie ausgestorben auch die Straßen von Tiberias wirken konnten. Das fiel uns im Besonderen dann allerdings erst auf, als wir am Sonntag auf der Rückfahrt noch einmal einen Stopp an der selben Stelle machten und so den direkten Vergleich bekamen: Auf einmal war alles voller Touris und entsprechend gab es an jeder Ecke mehrere Touristände. Am Freitag dagegen waren wir weit und breit die Einzigen, die am See entlangliefen und an mehreren Stellen den fantastischen Blick auf selbigen genossen. Nach einigen Einkäufen für das nun anstehende Wochenende machten wir uns dann endgültig auf den Weg nach Tabgha, wohin es ebenfalls per Bus dann tatsächlich nicht mehr besonders weit ist von Tiberias. Unterwegs kommt man dann übrigens unter anderem an so Orten wie Magdala vorbei. Dort angekommen konnten wir relativ schnell unser Zelt beziehen und nachdem wir uns eine kurze Ruhepause gegönnt hatten, erkundeten wir ein bisschen die Gegend dort, bzw. einige von uns waren bereits bei vorherigen Israel Reisen schon einmal hier gewesen und kannten sich entsprechend schon ein wenig aus. Ein Stück nebenan fanden wir nach einigem Suchen dann das sogenannte Pilgerhospitz des Deutschen Vereines vom Heiligen Lande, in dem man ebenfalls unterkommen kann, allerdings für einen durchaus etwas höheren Betrag ;-) Dort gibt es auch ein wunderbares Cafe auf einer großen Terasse mit Blick auf den See und wirklich ausgezeichnetem Kaffee (wenngleich er preislich gut zu den Übernachtungstarifen passt ;-). Nach einem kurzen Zwischenstopp dort gingen wir dann noch ein bisschen ans Ufer und dann auch einmal in den See zum Schwimmen. Am Samstag taten wir das gleiche dann übrigens nochmal, nachdem wir uns Abends dort das Buffet einmal ganz genau "angesehen" hatten. Für mich war das wirklich ein besonderer Moment, mit Blick auf Tabgha, aber auch Tiberias mitten im See Genezareth bei gefühlten 30° (am Tag der Deutschen Einheit!) zu schwimmen. Wenn man etwas weiter in den See hineinschwimmt, merkt man schnell, wie die Intensität der Wellen durchaus zunimmt und man muss unweigerlich an biblische Geschichten denken, die auf diesem See spielen, wenn es stürmt und dabei fast ein bisschen schmunzeln beim Gedanken daran, wie Jesus da wohl über diese Wellen läuft.
Tatsächlich aber muss ich sagen, war es für mich bislang einer der wenigen Orte in Israel, an denen man wirklich mal so ein wenig dieses Gefühl bekommt, das man eigentlich an Orten wie Golgatha oder Betlehem erwarten würde. Denn im Gegensatz zu all diesen Orten, kann man eben über einen so großen See keine Kirche bauen und bekommt damit einfach einen durchaus noch authentischen Einblick in die damalige Heimat und Lebenswelt Jesu. Wenn man so am Ufer des Sees sitzt, meint man manchmal wirklich fast, er säße irgendwie ein paar Felsen weiter gerade nebenan und diskutiere angeregt mit seinen Jüngern über Fragen zum Gesetz oder was auch immer. Wenn man nachts die Lichter auf dem See sieht und dann an Stellen denkt, wo es heißt, dass die Jünger die ganze Nacht nichts gefangen hätten oder wenn man die Größe des Sees sieht und seine Wellen beim Schwimmen spürt und dann verstehen kann, wie ihn die Bibel als "das Meer" bezeichnen kann (einmal erwischte ich mich sogar selber dabei, dass ich vom Meer sprach, als ich den See meinte :D ), dann kann man durchaus verstehen, wie man Galiläa auch als "das fünfte Evangelium" bezeichnen kann.
In den zwei folgenden Tagen genießen wir in vollen Zügen die Sonne, gehen schwimmen oder einmal auch joggen (bei Sonnenaufgang über dem See an Kafernaum vorbeizujoggen ist auch ein besonderes Gefühl), kochen uns Essen in der dortigen Gemeinschaftsküche, setzen uns im Sonnenuntergang an das Ufer zum Lesen oder einfach um dort die Landschaft zu genießen bwz. als es dunkel wird, um dort noch etwas zu trinken. Ein besonderes Highlight war dann noch die Messe am Sonntagvormittag auf dem Gottesdienstplatz von Dalmanutha, der direkt unter freiem Himmel und am Ufer des Sees liegt - ein wirklich außergewöhnliches Ambiente! An dieser Stelle möchte ich auch gleich darauf verweisen, dass von dort an diesem Sonntag (also der 26.10.) im BR der Fernsehgottesdienst live übertragen wird und ihr euch somit alle gleich selbst ein Bild davon machen könnt, wo ich da dann saß! Als es an diesem Nachmittag dann schon wieder zurück nach Jerusalem geht, haben wir alle das Gefühl, dass es viel zu schnell vorbei ging.
Ich kann letztlich nur sagen, dass ich wahrscheinlich selten bis nie in meinem Leben an einem schöneren Ort als dort gewesen bin. Ich habe wirklich jede einzelne Sekunde dort zutiefst genossen und bin mir absolut sicher, dass ich dort noch sehr sehr oft hinkommen werde. Am ehesten würde ich es so ausdrücken wollen: einen schöneren Ort, um seinen Sohn auf die Erde zu schicken, hätte Gott kaum auswählen können ;-) 

(Im Folgenden nur noch ein paar Impressionen vom See, um meine Eindrücke zu unterstützen:)
























Wochenendausflug II nach Petra

Kaum zu glauben, aber schon das Wochenende nach Tabgha sah für mich erneut einen Ausflug außerhalb von Jerusalem und diesmal sogar außerhalb von Israel vor. Als uns Ahmad am Ende der Jordanien Exkursion mit dem Satz "Ich weiß, dass einige von euch wieder hier nach Jordanien zurückkommen werden, denn es gibt hier noch viel zu sehen" verabschiedete, habe ich ehrlich gesagt ein bisschen wehmütig schmunzeln müssen. In diesen Augenblick konnte ich mir nicht wirklich vorstellen, dass ich möglicherweise überhaupt noch einmal nach Jordanien kommen würde, denn zu den klassischen und unkomplizierten Reisezielen zählt es ja nicht unbedingt. Nun war es allerdings so, dass wir im Vergleich zur letztjährigen Jordanien Exkursion auf eine sehr große und bedeutsame Station in Jordanien verzichtet hatten, eben Petra. Zurecht -wie ich nach meinem Besuch sagen kann- mit der Begrünung, dass ein so tourisisch geprägter Ort die Wüstenerfahrung etwas konterkarieren würde. Allerdings empfahl man uns schon beim erstmaligen Hinweis auf diese Entscheidung, dass es sich wirklich sehr lohnen würde, einmal auf eigene Faust dorthin zu reisen. Mir persönlich erschien das relativ utopisch, denn eine eigenständige Reise von Israel nach Jordanien ist dann doch deutlich aufwändiger, als wenn ein großes Team mit ganz anderen finanziellen Möglichkeiten, bereits eine Wüstenexkursion dort für dich geplant, organisiert und bezahlt hat. Für einige von uns schien dies aber keineswegs eine Abschreckung darzustellen und so kam bereits gut eineinhalb Wochen nach der Jordanien Exkursion der Vorschlag auf, sich in einer Gruppe Leihwagen zu organisieren und für ein Wochenene dann in Petra in einem Hostel zu übernachten. Ehrlich gesagt musste ich dann gar nicht so lange überlegen, ob ich  da mitkommen möchte, denn eine bessere Gelegenheit, mir doch noch Petra ansehen zu können, würde sich wohl so schnell nicht mehr ergeben für mich. So kam es eben, dass ich auf den Tag genau einen Monat nach Beginn unserer Jordanienexkursion tatsächlich wieder an der Yitzhak Rabin Border mit meinem Pass in der Hand stand und das ganze Prozedere erneut über mich ergehen ließ.
Als kurzes Update für alldiejenigen, denen es jetzt grade genauso geht, wie mir noch kurz vor unserer Abfahrt: Petra ist eine große Anlage mit vielen Überresten einer nabatäischen Felsstadt, die ihre Blütezeit im ersten Jhd vor Christus erlebte. Davon zeugen heute noch viele extrem gut erhaltene Grabanlagen, aber auch Tempel und Säulen von Straßen und Torbögen. Manch einem düfte das Ambiente auch aus "Indiana Jones" ein Begriff sein. Ansonsten besteht natürlich an dieser Stelle auch noch die Gelegenheit, sich mithilfe dieses sogenannten Internets weitere Informationen darüber anzueignen ;-)
Unsere Fahrt zur Grenze gestaltete sich bereits etwas speziell. Die Leihwagen am Freitagfrüh zu beschaffen war gleichzeitig damit verbunden, dass ungefähr alles schief ging, was beim Ausleihen eines Autos nur schiefgehen kann, was dann einerseits zunächst dazu führte, dass die dafür extra noch deutlich vor Vorlesungsbeginn losgezogene Gruppe doch die erste Hälfte der vormittäglichen Vorlesungseinheit versäumte und andererseits, dass unsere Autos mit den denkbar schlechtesten Kupplungen ausgestattet waren, die man sich nur vorstellen kann. Nun muss ich gestehen, dass ich in Jerusalem grundsätzlich auch mit einem sehr guten Auto nur ungerne mehr Kilometer als wirklich absolut notwendig machen wollen würde, mit einem Auto, das jedoch kaum vom Fleck kommt, andauernd abschmiert und gefühlt eine halbe Stunde benötigt um Tempo aufzunehmen, gestaltete sich das Ganze dann jedoch als dramatisch unangenehm, zumal der nahöstliche Verkehrsteilnehmer als solcher gerne dazu zu neigen scheint, die Tempolimits eher als unterstes, denn als oberstes Limit zu interpretieren und mit regelmäßigem Hupen vor allem ein "Ich bin auch aktiver Verkehrsteilnehmer" kommunizieren zu wollen. Glücklicherweise blieb mir das Schicksal des aktiven Fahrens aber erspart, stattdessen bestand meine Aufgabe vor allem darin, als Beifahrer Ruhe auszustrahlen ;-) Einmal aus der Stadt heraus wurde es dann auch deutlich angenehmer. Da es im Prinzip nur einen Weg gibt, fuhren wir also die gleiche Strecke wie schon vier Wochen zuvor mit dem Bus nun noch einmal ab, was schon ein ählich spannendes Gefühl auslöste, wie auch dann später, als wir wieder an der gleichen Grenze und dann am Ende tatsächlich wieder in Jordanien waren. Die Strecke ist wirklich äußerst schön. Sie führt zunächst durch eine bergig zerklüftete Wüstenlandschaft, die mit einem Mal endet und einen tollen Weitblick ermöglicht. Schon bald gelangt man dann an das Tote Meer, an dem man eine ganze Weile entlang fährt, während sich auf der anderen Seite die dunklen Felsen auftürmen. Das letzte Stück führt dann durch eine wüstenhafte Gegend, die mich schon während der Busfahrt extrem an namibische oder südafrikanische Landschaft erinnert hatte, insbesondere aber dann, als man am Ende auch noch an Straußenfarmen und einem Gebiet mit schildhaft aufgestellten Oryx Figuren vorbeikam. An dieser Stelle zeigt sich einmal wieder die wirklich beeindruckende landschaftliche Vielfalt dieser Region. Als wir die Woche zuvor in Galiläa gewesen waren, war dort alles richtig grün und bewachsen gewesen, obwohl man uns dort mehrfach erklärte, dass dies noch kein Vergleich zu der Regenzeit im Januar/ Februar sei und es im Moment eigentlich mit am trockensten wäre. Auf dem Weg nach Galiläa wähnte man sich dann landschaftlich dafür zeitweise in flacheren Ebenen Deutschlandes. Für so ein kleines Land ist das teilweise einfach nur unglaublich skurril. 
Die Grenze konnten wir glücklicherweise einigermaßen problemlos passieren, mussten allerdings - was wir aber vorher schon wussten und eingeplant hatten- die Leihwagen dort zurücklassen, da wir sie nicht mit nach Jordanien nehmen durften. Es galt nun also bei bereits angebrochener Dunkelheit eine Transportmöglichkeit zu unserem Hostel nach Petra zu finden. Glücklicherweise fanden wir einen Taxifahrer, der uns einen fairen Gruppenpreis machte und uns gleichzeitig auch noch ein Angebot für die Rückfahrt unterbreiten konnte. Als wir dann allerdings so bei Nacht in seinem Wagen über die Straßen Jordaniens rauschten, wurde mir doch schnell bewusst, dass man beim "nahöstlichen Verkehrsteilnehmer an sich" wohl doch etwas differenzieren muss, denn im Vergleich dazu (Details erspare ich euch besser, nur soviel: Vorfahrt, Überholen und die Wahl einer geeigneten Spur auf der Straße funktionieren eher auf Zuruf oder per Hupe;-) ist dem israelischen Verkehrsteilnehmer doch wirklich eine äußerst defensive Fahrweise zu attestieren. Wir kamen allerdings sicher in unserem Hostel an, das uns mit seinem Service auch mehr als zufrieden stellte. Klar war es nur ein großer Schlafsaal mit acht Betten und einem äußerst abenteuerlichen Bad, dafür gab es aber regelmäßigen Shuttleservice zur Felsenstadt sowie sehr günstiges Frühstück und Lunchpakete für die Tour. Ein kleiner Schock blieb uns dann leider doch nicht erspart, als wir gerade unser Zimmer bezogen hatten. Da nämlich vernahmen wir für uns alle relativ eindeutig identifizierbar und mit Sicherheit auch nicht allzuweit entfernt die Schüsse eines Maschinengewehres. In diesem Moment vergisst man dann ganz schnell alles, was man vorher der Familie an Beruhigung auf den Weg gegeben hat (Stichwort IS und "die sind da doch noch richtig weit weg") und fühlt sich in der Tat äußerst bescheiden. Allerdings kann ich euch beruhigen, denn was sich in tatsächlich ziemlich deutlich wie ein Maschinengewehr für jeden von uns anhörte, stellte sich letztlich dann doch als eine Salve von abgeschossenen Böllern heraus, die wir dann von unserer Essensstätte aus sogar beobachten konnten. Fehlalarm also, aber gleichzeitig der Beleg dafür, wie voreingenommen man dann doch in solche Länder geht!
Was wir in der Felsenstadt selbst dann alles gesehen haben, will ich jetzt gar nicht im Einzelnen beschreiben, denn dafür sind ja die Fotos gedacht. Meine Eindrücke davon waren vor allem, wie ungeheuer groß und beeindruckend gut erhalten die ganze Anlage ist, obwohl erst ein geringer Teil von ihr überhaupt archäologisch erschlossen ist. In den eineinhalb Tagen, die wir effektiv dort sein konnten, konnten wir uns praktisch gerade einmal einen Überblick über die wesentlichsten Dinge dort verschaffen, obgleich ich sagen muss, dass man irgendwann dann auch kapiert hat, wie so ein Felsengrab aussieht, wenn ihr versteht, was ich meine ;-) Ebenso war es spannend zu sehen, wie sich die beduinischen Einwohner und Händler voll und ganz auf die Touristen einstellen. Kaum eine Grabanlage, wo nicht mindetstes ein Händler einen "Shop" aufgebaut hat und Getränke und noch diversen Krusch verkauft. Kaum ein Weg, an dem man nicht alle 200 Meter an einem Stand oder von einem vorbeiziehenden Händler irgendwelche Plastikarmreifen, verzierte Ostereier oder was auch immer das war oder irgendwelche Steine, die genauso auch direkt neben dem Stand auf dem Boden einfach herumliegen, angeboten bekommt. Und natürlich ist das dann exakt der Armreif, den die Figur der Statue auf der Schatzkammer trägt, von der man nicht mal weiß, ob sie jetzt die Göttin Isis ist oder vielleicht doch jemand ganz anderes, weil das Gesicht nicht zu identifizieren ist, aber was für ein Glück, dass man dann ihren Armreif so im Detail nachvollziehen kann. Natürlich ist auch in jedem Shop immer und zu jeder Zeit Happy Hour, was einem dann auch immer ganz freudig mitgeteilt wird. Und natürlich kostet immer alles auch nur 1 Dinar. Man kann in Petra auch wunderbar körperlich gefordert werden, wenn man beispielsweise die 900 Stufen, die in recht unregelmäßigen Abständen und Höhen und sehr schwankender Qualität in den Berg gehauen sind, zum Kloster hinauf steigt, oder die ich weiß nicht wie viel aber ganz bestimmt viel zu vielen Stufen bis zum Opferplatz oder einer fränkischen (!) Kreuzfahrerfestung. Aber man kann natürlich auch sich von einem Esel dort hochtragen lassen, wie einem ebenfalls ungefähr alle 200 Meter angeboten wird. Und wenn man es dann auch noch zu anstrengend findet, den Weg bis zum Beginn des Anstieges zum Kloster überhaupt erst hin zu laufen, kann man auch noch wahlweise auf die vielen Kamele oder Pferdekutschen zurückgreifen, die einem dann auf den zweihundert Metern angeboten werden, wo man gerade mal seine Ruhe von den Eseln und Happy Hour Ständen hat. Insgesamt dürften also in etwa nocheinmal so viele Reittiere und Händler herumlaufen, wie Touris. In der Gruppe, in der wir unterwegs waren, haben wir allerdings all diesen Versuchungen widerstanden und sämtliche Anstiege und Klettertouren zu Fuß bewältigt. Entsprechend waren wir dann am Abend des ersten Tages alle richtig müde und sind früh ins Bett gefallen. Die Aufstiege haben sich aber definitiv gelohnt für uns, denn es sind ein paar richtig tolle Bilder entstanden:

Startplatz kurz vor dem Einstieg in die Anlage.

Die ersten Grabanlagen im "Vorstadtbereich"

In der Tat wird für die Touris keine Mühe gescheut.

An der Einmündung des sog. Siq ist noch ein wenig ein einstiger Torbogen zu erkennen.

Eindrücke von innerhalb des Siq.


















Überall in der Anlage finden sich sogenannte Betyle aus dem frühen Steinkult.

Der Ausgang des Siq lässt schon erahnen, was sich gleich in voller Pracht eröffnen wird...
Das nach beduinischer Überlieferung benannte Schatzhaus des Pharao.

So benannt, weil sich angeblich in der oberen Urne ein Schatz befinden soll
.


Die bereits angesprochene Tierwelt ;-)


Der weitere Weg.



Neben diversen Grabanlagen...

 
...findet man immer wieder auch hellenistische Einflüsse, wie dieses Amphitheater direkt unterhalb solcher Gräber.



Die sogenannten Gräber der Könige - schon daran zu erkennen, dass sie deutlich größer und schöner sind.















Die Säulenstraße mit Wohnanlagen und am Ende einem Tempel.

Das sogenannte Qasr Bint Firaun (Palast der Pharaonentochter)


































Impressionen vom Aufstieg zum Kloster





















Der lange Aufstieg hat sich definitiv gelohnt.
















Fantastischer Blick auf den Felsentempel ad- Deir ("Das Kloster")















Noch fantastischerer Blick ;-)


Auch auf einem der vielen "best view" Aussichtspunkten gibt es Shops.

Da ist wohl jemand nicht ganz fertig geworden?



Ein Franke beim Aufstieg auf die fränkische Festung.

Auch hier hat sich der Weg wieder gelohnt.











Aber es geht sogar noch weiter.
Was wäre ein königliches Grab nur...

... ohne einen beduninischen Shop?




Mosaiken einer byzantinischen Basilika




Das "Soldatengrab" von außen...
... und von innen.






Eindrücke vom Opferplatz.

















Auch hier musste man wieder viele Stufen meistern!


Aber es hat sich definitiv auch hier noch einmal gelohnt.




























Alleine ob dieser fantastischen Bilder hat es sich natürlich schon gelohnt, noch einmal den Weg nach Jordanien auf sich zu nehmen. Daneben muss ich aber auch sagen, habe ich auch noch einmal eine andere Seite von Jordanien kennen gelernt, die man natürlich in der Wüste nicht so hat: das Leben in einem arabischen Land! Natürlich ist Petra da sicherlich als wahrscheinlich größter touristischer Anlaufpunkt Jordaniens nicht der aller authentischste Einblick, dennoch nimmt man das in einer Stadt einfach anders war, als in der Wüste. Ich kann nur sagen, dass ich durchaus wehmütig in das Taxi zur Rückfahrt eingestiegen bin. Das arabische Essen, das wir besonders am Samstagabend noch einmal voll auskosten konnten, der dort noch viel intensivere Gesang des Muezzin, die arabischen Beschriftungen, die ich zu meiner großen Freude zum Teil schon ein wenig entziffern konnte, das Einkaufen von Gemüse für die Rückfahrt auf einem Markt, die Art und Weise, wie man sich nicht nur im Straßenverkehr, sondern praktisch in allen Lebenslagen einfach so ein wenig spontan zu organisieren scheint und insbesondere die Freundlichkeit und authentische Offenherzigkeit der Menschen, die einem auf offener Straße einfach mal ein "you are welcome" hinterherrufen, ohne dass man, wie schon in der Wüste, dass Gefühl hat, das geschieht nur aus touristisch geschäftlichem Interesse - das alles habe ich wirklich genossen dort und es hat in mir noch einmal richtig die Lust geweckt, in den Arabischstunden hier weiterhin Gas zu geben um vielleicht schon bald einmal wieder ein arabisches Land zu besuchen.


Ja ihr Lieben, das war es jetzt schon wieder von mir und wie immer ist alles wieder deutlich länger geworden als geplant und hat demnach auch deutlich länger gedauert als geplant. An all diejenigen, denen ich schon seit ein paar Tagen die Erneuerung meines Blogs angekündigt haben, sei hiermit ein "Sorry" gesagt ;-) Für mich sind es jetzt noch knapp 10 Tage bis zu unserer nächsten großen Exkursion nach Galiläa hin, wo wir dann wieder in Tabgha sein werden. Vielleicht melde ich mich zuvor noch mal mit einem kurzen Post zum Abschied bei euch, ansonsten dann aber sicherlich wieder nach Galiläa, wenn ich bestimmt wieder einige Zeilen und Bilder für euch haben sollte!

Bis dahin einen ganz lieben Gruß,

Andreas

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