Sonntag, 23. November 2014

Bericht von Galiläa

 
Ein Hallo an Alle ins kalte Deutschland oder wo auch sonst ihr das hier gerade lest!

Kaum zu glauben, aber jetzt bin ich tatsächlich schon wieder zurück von unserer zweiten großen Exkursion. Elf Tage Galiläa liegen hinter mir und damit ist es jetzt nur noch eine große Exkursion, nämlich die fünf Tage zu den „Kreuzfahrern“  im Februar, die wir noch gemeinsam begehen werden. Wie schon nach Jordanien muss ich sagen, dass ich die Exkursion sowohl was die vielen Eindrücke vor Ort, als auch was das Gruppendynamische bei uns betrifft, als sehr angenehm und abwechslungsreich empfunden habe. Als wir Freitagabend nach den knapp zwei Wochen in Jerusalem eintrafen, waren wir in der früh am See Genezareth gestartet, wo ich beim Joggen noch einmal kurz das Licht des Sonnenaufganges bewundern konnte, waren dann unter anderem an einem Strand am Mittelmeer bei 28° kurz ins Wasser gesprungen (zumindest manche von uns), um dann schon zwei Stunden später wieder durch die Wüste zu fahren. Nur zur Vergegenwärtigung: auch bei uns ist es November und auch bei uns wird es theoretisch Winter. Damit jetzt aber nicht der Eindruck entsteht, wie hätten elf Tage nur wahlweise am See Genezareth oder im Mittelmeer Badeurlaub gemacht, will ich euch natürlich auch von unseren zahlreichen überwiegend archäologisch orientierten Exkursionen in Galiläa erzählen. Dabei sei mir noch die Anmerkung erlaubt, dass die Tatsache, dass der Post erst jetzt kommt, obwohl wir schon seit dem 14.11. wieder da sind, sich vielleicht erklärt, wenn ihr euch den Umfang dieses Postes einmal anseht. Für beides, die lange Wartezeit und die Überlänge des Blogs an diversen Stellen, möchte ich mich schon mal entschuldigen. Ich werde sicherlich niemanden abfragen, was ich hier alles genau geschrieben habe, wenn ich wieder zurück bin, sondern wollte euch einfach nur einen Einblick in all die vielen Dinge geben, die ich in Galiläa sehen durfte.





Was noch vor Galiläa passierte

Wie ich es schon fast befürchtet hatte, konnte ich meine Andeutung aus dem letzten Post dann doch nicht in die Tat umsetzen und mich vor Galiläa noch einmal bei euch melden. Dabei gibt es tatsächlich auch vor Galiläa noch zwei interessante Dinge zu berichten.

Zunächst einmal bietet es sich an, euch davon noch einmal zu erzählen, weil es durch die Medien in den letzten Tagen noch einmal eine neue Aktualität bekommen hat. Vor gut vier Wochen hatte ich die Möglichkeit in der Erlöserkirche einen Gottesdienst mit Predigt des damals noch "nur" evangelischen Landesbischofs von Bayern, Heinrich Bedford-Strohm, seines Zeichens nun auch neuer EKD- Ratsvorsitzender, zu besuchen. Ich muss sagen, dass er eine wirklich sehr schöne Predigt ganz in meinem Sinne gehalten hat. Es ging um das Zusammenleben der Religionen, wie er es hier so besonders erleben darf. Dabei kritisierte er den Missbrauch von Religion und den vermeintlichen Willen Gottes für Gewalt und machtpolitische Interessen, wie es ja der unmittelbare Kontext hier leider immer wieder hergibt. Das gelang ihm auf eine sehr positive Art, weil er aufzeigen konnte, dass keine Religion hier einer anderen in irgendeiner Weise nachsteht. Gleichzeitig hob er hervor, wie sehr ihn die Kraft der Menschen beeindruckt habe, die ihm hier während seines Aufenthaltes in Israel begegnetet seien, die trotz allem Leid, das ihnen zugefügt wurde, keinen Hass, sondern die Motivation entwickelten, sich an sozialen Projekten etc. im Austausch mit der jeweils „anderen Seite“ zu beteiligen. Ebenfalls schön war es zu hören, wie auch ihn genauso wie mich auch, einerseits die Vielzahl der vermeintlich heiligen Stätten und Traditionen hier vor Ort doch etwas verstörte, er aber andererseits dann die Besonderheit einer auch archäologisch plausibel rekonstruierbaren Stelle wie Golgatha umso mehr schätzen konnte.
Besonders gefreut habe ich mich auch, dass auch katholische Kommilitonen von hier den Weg mit in die Erlöserkirche fanden und ein nicht weniger positives Bild vom zukünftigen EKD- Ratsvorsitzenden mitnehmen durften. 
Über einen weiteren sehr schönen Gottesdienstbesuch in der Erlöserkirche möchte ich ebenfalls noch ein paar Worte verlieren. Da wir ja ein ökumenisches Studienjahr sind, bedeutet dies auch, die speziellen Feiertage beider Konfessionen "wahrzunehmen", sprich: an diesen Tagen finden keine Vorlesungen statt. So also auch am "Reformationstag" am 31. Oktober, was uns nicht nur die Möglichkeit für ein ausgiebiges Brunch in der Mamila gab, sondern auch bedeutete, dass wir am späten Nachmittag den internationalen Gottesdienst in der Erlöserkirche besuchen konnte. International bedeutete hierbei vor allem, dass er gemeinsam von der deutsch-, der arabisch- und der englischsprachigen Gemeinde gestaltet wurde. Neben den jeweiligen Vertretern dieser Gemeinden waren dann noch eine ganze Reihe Geistlicher der anderen Konfessionen vor Ort zu Besuch, was allein schon im Altarraum und in den ersten Reihen für eine beachtliche Anzahl an Besuchern reichte. Hinzu kamen natürlich die Mitglieder all dieser Gemeinden, wodurch die Kirche so voll wurde, wie ich sie bislang noch überhaupt nicht erlebt habe. In den drei Sprachen der Gemeinden wurden dann auch abwechselnd die einzelnen Elemente des Gottesdienstes gehalten, wobei jeder am Eingang ein Blatt mit den jeweiligen Liedern, Gebeten etc. in seiner Sprache bekam, sodass man immer, auch wenn man es gerade nicht verstand, nachvollziehen konnte, wo man denn jetzt eigentlich im Moment war. Die Predigt wurde von einer relativ neuen Pfarrerin der englischsprachigen Gemeinde gehalten, die mit ihrer authentischen und mitreißenden Art und Weise zumindest in unserem Lager alle zu beeindrucken wusste. Elemente wie Vaterunser oder das Glaubensbekenntnis konnte dann jeder in seiner Sprache sprechen. Für die Fürbitten kamen dann sogar noch eine ganze Reihe weiterer Sprachen wie Dänisch oder Schwedisch dazu. Für mich war es bislang der schönste Gottesdienst, den ich hier erlebt habe. Die große bunte Vielfalt, die im Gottesdienst zusammenkam und ganz unterschiedliche Traditionen mitbrachte, hat mich wieder einmal beeindruckt. Wenn vorne eine arabischer Christ ein Gebet spricht, während draußen der Gesang des Muezzin ertönt, wäre das für jemanden, der der Sprache nicht mächtig ist, praktisch kaum zu unterscheiden. Hier hatte ich wieder einen dieser Momente, die ich so genieße, wenn scheinbar festgefahrene Gegensätze und Stereotypen dann so zusammenfallen ;-) Ich muss sagen, dass ich mich schon sehr darauf freue, wenn hoffentlich bald einmal wieder ein internationaler Gottesdienst ist.

Das andere Erlebnis, von dem ich noch berichten möchte, war eine weitere Exkursion in der Woche vor Galiläa. Sie befasste sich mit einem äußerst problematischen Thema, nämlich der israelischen Siedlungspolitik. So zogen wir zunächst durch Jerusalem und die jüdische Siedlung in der Altstadt. Diese fiel im Unabhängigkeitskrieg 1948 jordanischen Truppen zum "Opfer", die deren Einwohner vertrieben und viele Gebäude zerstörten. Im Sechstagekrieg 1967 konnte sie zurückerobert und in den folgenden Jahren wieder neu errichtet werden. Wir besichtigen etliche dieser aufgebauten Gebäude, insbesondere die dortigen Synagogen. Unsere Exkursionsleiterin Tamar Avraham erklärt uns, dass im Prinzip auch die Wohnungen hier als völkerrechtlich illegal einzustufen sind, aber natürlich ist die Sache hier im jüdischen Viertel deutlich komplexer, als beispielsweise bei Siedlungen, die wir in den kommenden Stunden dann noch sehen sollten. So beispielsweise, als es dann in die arbischen Teile der Stadt geht. Unter der Führung von Tamar erlebe ich zum ersten Mal wirklich so richtig das, was man von Jerusalem ja so oft sagt und was sich mir bislang so offensichtlich noch nicht darstellte: Wie man plötzlich eine Gasse weiter in eine ganz andere Welt eintauchen kann. Eben noch spielen eine Gruppe Schuljungen mit Kippa lautstark Fußball während der Pause und nur wenige Meter weiter bieten arabische Händler auf der Gasse zur Al- Aqsa Moschee und dem Felsendom ihre zahlreichen Waren an. Und mit etwas Hilfe von Tamar entwickelt man ganz schnell einen noch geübteren Blick für die Israel- Flaggen, die immer wieder auch hier dann an einzelnen Häusern zu sehen sind. In der Regel sind die Türen dieser Häuser besonders massiv und man bekommt sie nie ohne dazugehörige Überwachungskamera zu sehen. Hier leben israelische Sieder, die sich bewusst dafür entscheiden, Häuser auf eigentlich palästinensischem Boden zu bewohnen, um so das Land auszuweiten und letztlich damit auch die palästinensischen Einwohner zurückzudrängen. Wer ein solches Leben als Siedler wählt, muss wirklich eine äußerst radikale Überzeugung haben, denn natürlich sieht er sich zahlreichen Beschimpfungen und auch potentieller Gewalt an seinem Wohnort jederzeit ausgesetzt. Tamar erzählt uns von Gespächen mit Siedlern, die sie bereits führen konnte und die auch zu berichten wissen, wie selbst deren Kinder bespuckt werden etc. In zwei Dingen wird das besonders deutlich: zum einen konnten wir erst kurze Zeit zuvor aus den Medien entnehmen, wie ein palästinensischer Bewohner sein Haus an einen jüdischen Siedler für viel Geld verkaufte. Wer so etwas tut, muss danach so schnell als möglich versuchen, dass Land zu verlassen und anonym unterzutauchen, denn von diesem Moment an befindet er sich in Lebensgefahr. Im konkreten Fall hier ist ihm dies übrigens nicht schnell genug gelungen... Zum anderen bietet sich uns während unserer Führung entlang der einzelnen jüdischen Siedlungen in der arabischen Altstadt einmal der Anblick eines Siedlerhauses mit einer Israelflagge, die aus seinem Fenster hängt. In seiner direkten Nachbarschaft haben ebenfalls alle eine Flagge ausgehängt, allerdings nicht die des Staates Israel, auch nicht eine palästinenische, sondern die des "Islamischen Staates". Das bedeutet natürlich nicht, dass deren Kämpfer nun schon bis hierher in die Altstadt vorgedrungen sind, um euch gleich zu beruhigen. Viel eher zeigt es, wie uns Tamar erklärt, dass man sich im Gefühl der Ohnmacht in einer Situation dann gerne der Gruppe ein wenig zuwendet, die dem Westen derzeit am meisten Widerstand zu leisten scheint. Hier fühle ich mich wieder an die Worte einer Palästnenserin aus dem Diyar- Begegnungszentrum in Bethlehem erinnert, die darauf verwies, dass sich die Leute problematischerweise eben radikaleren Strömungen zuwenden würden, wenn sie merken, dass diese die einzigen sind, die etwas für sie "tun".
Unser Weg führt uns dann natürlich auch zu der Mauer der israelischen Sperranlage, die in Jerusalem ebenfalls verläuft. So haben wir die Gelegenheit, an einer Straße bis zu ihr hin zu fahren und später dann auch zu sehen, wie die Straße auf der anderen Seite weiter verläuft. Ebenso sehen wir, wie teilweise Häuser in die Mauer integriert wurden. Für manchen Leser, der die Zeiten in Deutschland vor 1989 noch bewusst erlebt hat, mag dies sicher kein ganz so befremdlicher Anblick sein, für mich aber in der Tat schon. Tamar zeigt uns dann noch eine Karte zum Verlauf der Mauer, wo sie steht, wo sie aus völkerrechtlich legaler Sicht eigentlich stehen sollte und wo sie leider bald noch stehen soll um damit weitere palästinensische Gebiete abzuschneiden.
Unsere letzte Station der Exkursion führt uns zunächst mit dem Bus durch Ma`ale Adumim, die mit ca. 35 000 Bewohnern drittgrößte iraelische Siedlung im Westjordanland, und anschließend dann auf ein Aussichtsplateau, von wo aus man sie noch einmal in ihrer ganzen Größe und im Vergleich zu den daneben liegenden palästinensischen Wohnorten betrachten kann. Im Gegensatz zu den arabischen Teilen der Jerusalemer Altstadt leben die meisten Siedler hier nicht aus ideologischen Gründen, sondern schlichtweg deshalb, weil es leider auch aufgrund staatlicher Subventionen billiger ist, dort zu leben. Ma`ale Adumim wäre an sich wirklich schön. Es ist eine grüne Oase mir tollen Geschäften, schicken Häusern, sauberen Straßen und blühenden Seitenstreifen an jeder Ecke, während sich rings herum die kahle und leblose Wüste auftut. Es wirkt allerdings so surreal, dass einen schon fast das Gefühl beschleicht, dass so etwas nicht ohne Probleme möglich sein kein. Tatsächlich bin ich ja bereits in meinem Post zur Bethlehem Exkursion ebenso wie zur Mauer- Thematik auch schon darauf eingegangen, woher man das Wasser nimmt, um 35 000 illegale israelische Siedlungen auf palästinensischem Boden so zu bewässern, dass man in der Wüste blühende Seitenstreifen hat. Daher erspare ich mir und euch jetzt weitere Ausführungen dazu.
Allerdings muss ich an diesem Punkt wirklich sagen, dass es mir äußerst schwer fällt, hier Verständnis für die israelische Seite zu entwickeln. Sicherlich ist die Siedlungspoltik nur einer von vielen Aspekten, die diesen Konflikt bestimmen, aber eben auch einer, der -gerade wenn man sieht, dass er von staatlicher Seite subventioniert wird- die Vermutung zulässt, dass es einige nicht allzu schwache Kräfte auf israelischer Seite gibt, die an einer friedlichen Lösung des Konfliktes eher geringeres Interesse zu haben scheinen (was nicht heißen soll, dass es sowas nicht auch in anderen Bereichen auf palästinensischer Seite gibt). Wenn ich nun zumindest versuchen sollte, einen Punkt in der israelischen Siedlungspolitik herauszugreifen, den man vielleicht doch etwas differenzierter betrachten könnte, dann wäre das denke ich, die Unterscheidung zwischen ideologischen und nicht- ideologischen Siedlern. So macht es für mich zum Beispiel einen gewaltigen Unterschied, ob ich mir für einen hohen Geldbetrag eine Wohnung mitten auf palästinensischem Boden erkaufe und dort mich und meine Familie allerlei physischer Gewalt aussetze, nur um das Land vergrößern zu können, oder ob ich eben in einer Wohnung lebe, weil sie billiger ist. Nicht, dass ich es deswegen gutheißen würde, denn auch das rechtfertigt natürlich in keinster Weise, in so eine Siedlung einzuziehen. Viel eher ist es aber auch für mich ein Denkanstoß zu überlegen, wo vielleicht auch ich in meinem Alltag in Deutschland im übertragenen Sinne ein "nicht- ideologischer Siedler" bin, sprich: wo ich vielleicht etwas mache, weil es eben billiger ist, obwohl ich eigentlich schon weiß, dass andere Menschen dafür Unrecht erleiden, es aber trotzdem immer noch nicht ändere. Und da muss ich leider sagen, fällt mir dann schon auch eine ganze Menge ein und schon ist es nicht mehr so einfach, mit dem anklagenden Finger auf die nicht- ideologischen Siedler zu zeigen.

Nun zur Galiläa- Exkursion

So, ich würde sagen, dass reicht jetzt erst mal wieder mit anstrengenden Themen ;-) Immerhin habe ich tatsächlich bis hierhin noch kein einziges Wort über Galiläa verloren. Ihr dürft euch jetzt also auf einen ausführlichen und deutlich bildreicheren Bericht über die letzten elf Tage im Norden des Landes freuen!
Der erste Tag: Bet Alpha, Bet Shean, Hammat Tiberias
Zunächst möchte ich noch kurz den grundsätzlichen Rahmen der Exkursion darstellen. Sie ist so konzipiert, dass man in Tabgha im Beit Noah übernachtet und sich dort selbst versorgt. Das heißt, die für das Beit Joseph bereits eingespielten Spülteams wechselten sich jeden Tag ab mit dem Beschaffen des Essens und dessen Zubereitung für die Mittagspause während der Exkursion (zumeist Pita, Humus, verschiedenes Gemüse, das man vorher schneiden muss, Thunfisch und am Anfang auch noch etwas Schinken- man kann sich vorstellen, dass es am neunten Tag nicht mehr ganz so toll ist wie am ersten ;-), sowie dem Spülen des Geschirrs. Daneben gab es für jeden Abend ein fünfköpfiges Kochteam, das die ganze Mannschaft mit einem selbstgewählten Gericht bekochte. Ich muss sagen, dass wir da wirklich großes Glück hatten, denn nahezu alles schmeckte fantastisch! Nicht zuletzt musste auch dreimal während unseres Aufenthaltes ein Putzteam antreten- und das war tatsächlich dringend nötig ;-) Man steht dann in der Regel so auf, dass man um 7.40 Uhr loskommt und fährt dann mit dem Bus die verschiedenen Stationen an. Das heißt, dass man zwar eine Menge Zeit auch einfach nur im Bus verbringt, diese aber zwischen den einzelnen Stationen auch immer ganz angenehm war, weil man ein bisschen abschalten oder auch häufig mal schlafen konnte. Abends kamen wir dann in der Regel erst nach Einbruch der Dunkelheit wieder in Tabgha an und beendeten das offizielle Tagesprogramm nach dem Essen mit einer von einem Kommilitonen vorbereiteten Andacht in Dalmanutha- und dann fiel man nicht selten auch schon trotz Uhrzeiten zwischen neun und zehn Uhr ins Bett ;-) Die Exkursionen liefen so ab, dass entweder jemand von uns im Rahmen der hier zu erbringenden Studienleistungen eine Ortsführung hielt, oder dass wir einen Vortrag von einem Mitglied der Studienleitung bekamen. Manchmal bekamen wir auch eine Führung von einem Guide vor Ort oder sonst jemandem Externen. Ständiger Begleiter waren dabei auch unsere sogenannten Exkursionsblätter, ein riesiger Stoß an Papier mit Informationen zu allen Orten, die wir besucht haben und noch besuchen werden. Wenn ich euch also jetzt gleich ein bisschen was über die Orte erzählen werde, die wir gesehen haben, dann habe ich mir das nicht alles gemerkt, sondern einiges davon jetzt gerade auch selbst noch einmal nachlesen müssen. Denn tatsächlich war es bei der Fülle an Orten (und Steinen ;-), die wir uns alleine an einem Tag ansahen, manchmal am Abend nicht immer ganz einfach zu rekonsturieren, wo man denn jetzt heute eigentlich überall war und was man alles gesehen hatte :-)

Der erste Tag begann traditionell für eine Exkursion mit einem sehr frühen Aufbruch. Um 6.15 ging unser Bus, der uns die kommenden elf Tage begleiten sollte. So erreichten wir bereits vor 9.00 Uhr die erste Station unserer Exkursionen mit Bet Alpha. Dort stellte uns ein Kommilitone die dortige Synagoge und insbesondere das Mosaik vor Ort vor. Zunächst mal erfuhren wir etwas über den grundsätzlichen Aufbau der Synagoge, der sich im Zuge der vielen ähnlich konstruierten Synagogen, die wir noch besichtigen sollten, noch als "running gag" in der Gruppe etablieren sollte (Vor allem ein von Herrn Küchler noch geäußerter Ausspruch zur Funktion einer Miqwe, einem jüdischen Reinigungsbad, erfreute sich immer wieder großer Beliebtheit: "Unrein rein, rein raus!"). Wesentliche Elemente sind dabei vor allem der Aufbau mit Atrium, Schiff und Apsis, also drei aufsteigende Ebenen hin zum Toraschrein, der, sofern es einen gibt, Richtung Jerusalem zeigen sollte. Ansonsten tut dies eben einfach eine betonte Seite wie bsp. der Eingang. Dann kann man Synagogen auch noch unterscheiden, ob sie einen langen oder breiten Raum haben, wenn man sie betritt. Und wie die meisten Synagogen, die wir besichtigten, hatte auch diese durch Säulen abgetrennt dann zwei sogenannte Nebenschiffe und ein Hauptschiff. Manchmal wird dies auch nochmal durch das Vorhandensein von drei Eingängen deutlich. Die Treppenreste wie in Bet Alpha an den Seiten verweisen dann nicht selten auf eine ehemalige Frauengalerie, also eine Art erster Stock als Aussichtsplateau für die Frauen. Wenn diese nicht vorhanden sind, kann dies dann entweder bedeuten, dass es noch keine Trennung nach Geschlechtern in der Synagoge dort gab, oder dass Frauen überhaupt nicht zugelassen waren. Grundsätzlich ist das jetzt denke ich erst mal ein bisschen schwer, sich das so von der Beschreibung her vorzustellen, aber es werden noch ein paar Bilder dazu folgen - keine Angst! Das besondere an der Synagoge in Bet Alpha ist ihr äußerst gut erhaltenes großes Fußbodenmosaik. Nachdem die Synagoge zu Beginn des 6. Jhd erbaut wurde, fiel sie schon einige Jahrzehnte später einem Erdbeben zum Opfer, was allerdings dazu führte, dass das Mosaik von einer Schicht begraben und so vor menschlicher Zerstörung bewart wurde. Das Mosaik ist dreigeteilt. Oben stellt es Richtung Apsis einen Toraschrein dar. In der Mitte befindet sich interessanterweise ein Tierkreiszeichenmosaik mit einem äußeren Kreis, der die Tiere von Widder bis Fisch für das Jahr aufreiht, im inneren Kreis findet man dann sogar ein Abbild des Sonnengottes Helios mit einem Sonnenwagen! Es zeigt also, wie auch die jüdische Baukunst hellenistische Elemente aufgenommen hat, selbst wenn sie sogar andere Gottheiten zeigen, weil das eben scheinbar der Mode so entsprach. Auch das Bilderverbot scheint hier noch nicht allzu arg relevant gewesen zu sein, denn im untersten Teil des Mosaikes ist die Bindung Isaaks abgebildet, mitsamt den Dienern Abrahams, dem Widder, der sich im Dickicht verfangen hat, Abraham, der Isaak gerade schon über den Altar hebt, als plötzlich aus einer Wolke im Himmel eine Hand kommt und mit einer Inschrift befiehlt: "Streck deine Hand nicht aus!" Nach der Führung bekommen wir in dem Raum, indem die Synagoge geschützt aufbereitet wurde, noch einmal eine geballte Ladung der iraelischen Museumspädagogik präsentiert, als eine Leinwand vor der Apsis herunterfährt und mit einer kleinen Geschichte in einem Museumsfilm nachgestellt wird, wie vielleicht damals der Künstler den Auftrag zu diesem Mosaik bekommen haben könnte- natürlich nicht ohne den Verzicht auf den Einbau leichterer zionistischer Propagandaelemente ;-) Für große Erheiterung sorgt dabei auch, die Bezeichnung der Darstellung der Menschen in dem Mosaik als eine etwas "naive, primitive Zeichnung.

So sieht der besagte Tierkreis aus.
Unsere zweite Station lautete Bet Schean. Darunter muss man sich eine vor allem in der Zeit des 4./3. Jhd v. Chr. bis ins 7. Jhd n. Chr. sehr bedeutsame Stadt an der Stelle der Zusammenkunft zweier bedeutender antiker Handelswege (nämlich dem Jordantal und dem Ostteil des Jesreel Tales) vorstellen. Wie viele Orte, die wir besuchen, besteht sie aus einem sogenannten Tel (ein archäologischer Begriff für einen Hügel, der durch verschiedene Besiedlungsschichten über einen sehr langen Zeitraum weg entsteht und für Ausgräber natürlich eine absolute Goldgrube darstellt) und einer Unterstadt, die sich mit Beginn des hellenistischen Zeitalters (der Zeit ab dem Ende des 4. Jhd. v. Chr., als der Einfluss griechischer Kultur im Land rapide zunahm) ausbildete. Das erkennt man unter anderem daran, dass dort ein sogenannter Cardo (also eine große Hauptstraße mit Säulen) und ein Theater (das allerdings erst die Römer bauten) vorhanden und auch noch sehr gut zu besichtigen sind. Im Laufe seiner Geschichte erlebte Bet Schean allerdings ganz verschiedene Oberherrschaften. Der hellenistischen Periode ging zuvor eine lange Phase von fast 700 Jahren der Bedeutungslosigkeit vorraus, nachdem die Stadt schon unter der Kontrolle ägyptischer, philistäischer und auch der Kontrolle des Königs David gewesen war. In römischer Zeit setzte sich dann ihre Blüte aus dem Hellenismus fort und in byzantinischer Zeit wurde Bet Shean (seit hellenistischer Zeit Skytopolis genannt) schließlich auch christliches Zentrum. Es folgten allerdings wieder Jahre des Bedeutungsverlustes im Zuge der arabischen Eroberung Norpalästinas im 7. Jhd, einem folgenschweren Erdbeben im 8. Jhd und der Zeit der Kreuzfahrer (11./12. Jhd). Auf besagtem Tel sind theoretisch noch die Überreste vor allem ägyptischen Einflusses zu erkennen, also unter anderem vier übereinander gebaute ägyptische Tempel sowie Säulenstümpfe, die auf eine Residenz ägyptischer Statthalter verweisen sollen. Ich schreibe bewusst theoretisch, denn als wir auf dem Tel angekommen waren, wurden wir von einem heftigen Regenschauer unter einen auch nicht allzu wasserdichten Stand zum Unterstellen getrieben, von wo aus man vor allem denjenigen bemitleiden konnte, der hier die Ortsführung machen musste und dem seine Zettel vom nasskalten Regen und Wind dabei doch arg in Mitleidenschaft gezogen wurden. Ansonsten aber war es für uns alle doch ein großer Spaß ;-) Spannend fand ich auch noch die Besichtigung des römischen Badehauses in der Unterstadt. Man sieht dort exakt die gleiche Technik der Bodenheizung, wie in der Therme in Weißenburg! Man muss sich das wirklich mal vorstellen, wie weit diese beiden Orte auseinander liegen, dann bekommt man ein Gefühl dafür, wie groß das römische Reich tatsächlich war und wie es trotzdem seine einheitlichen Strukturen durchbringen konnte - selbst in solchen Kleinigkeiten!

Der Blick hinab vom Tel auf die Unterstadt.














Besagte römische Heiztechnik!
















Nach einer verregneten Mittagspause sollte uns unser Weg dann nach Hammat Tiberias führen. Seinen Namen nimmt dieser Ort von den ganz in der Nähe entspringenden heißen Quellen (hebräisch: cham = heiß). Dabei handelte es sich um einen Ort, der mit der Gründung der benachbarten Residenzstadt Tiberias unter Herodes (die heute noch steht und wo wir ja auch ein paar Wochen zuvor mit dem Bus umsteigen mussten) sowohl in deren Schatten, als auch deren Reichweite rückte, sprich: beide Städte wuchsen schnell zuammen. Zerstörungen gab es hier ebenfalls vor allem im Zuge des Erdbebens und der Kreuzfahrer. Von Tiberias war mir vor allem bekannt, dass Jesus es wohl mied, diese Stadt zu betreten, da sie sich in gewissen Bereichen nach jüdischem Verständnis verunreinigte (insbesondere dadurch, dass sie angeblich auf einem Friedhof errichtet wurde). Und als wollte Hammat Tiberias uns direkt einen authentischen Eindruck davon liefern, stellte es sich als äußerst vermüllt dar (inklusive entsprechender Gerüche) und selbst ein noch relativ frischer Kadaver eines Schafes blieb uns nicht erspart. Hinzu kam, dass wir nach dem Regen durch tiefen und sehr klebrigen Matsch laufen mussten, der einem fast die Schuhe auszogt. Etliche Gebäude sind entweder auch schon deutlich mehr zerstört, als beispielsweise in Bet Schean, oder aber einfach noch nicht wieder so gut restauriert und aufbereitet worden. Und so machten wir uns selbst ein bisschen auf Erkundungstour und kletterten dort ein wenig zwischen den Steinen herum (ja, das kann man hier an sehr vielen Orten einfach machen ;-). Interessant ist mit Sicherheit noch, dass es auch dort eine Synagoge aus dem 4. Jhd. mit einem Mosaik gibt, das ganz ähnlich wie in Bet Alpha dreigeteilt ist mit einem Toraschrein samt zugehörigem "Equipment" an der Spitze, einem Tierkreiszeichen mit Helios und Streitwagen im Zentrum und den vier Jahreszeiten in den Ecken und unten zwei Löwen, die verschiedensprachige Inschriften rahmen.

Und dann kamen wir endlich nach Tabgha. Beendet war unser Programm dort allerdings noch nicht, denn auch dort sollten wir noch einmal eine Ortsführung bekommen. So erfuhren wir unter anderem, dass Tabgha zwar biblisch nirgends direkt erwähnt ist, dass hierher allerdings schon relativ früh die Tradition des im Neuen Testament in mehreren Versionen und an mehreren Stellen auftretenden Speisungswunders (Stichwort 5 Brote und zwei Fische) lokalisiert wird. So soll unter anderem der Stein, auf den Jesus dann das Brot gelegt habe, zu einem Altar gemacht worden sein. Auch wenn diese Lokalisation wie viele andere auch wohl dadurch zustande gekommen ist, dass man sich in späterer Zeit einen Ort suchte, an dem man sich am ehesten vorstellen konnte, dass es dort passiert sei (wo Platz wäre für tausende von Menschen etc.), so ist das, was man daraus gemacht hat, mit Sicherheit beachtlich. Die Mosaiken der Brotvermehrungskirche, die dort auf der Klosteranlage errichtet wurde, sind nicht nur kunsthistorisch von herausragender Bedeutung, weil hier wohl erstmals in Palästina von geometrischer zu figürlicher Darstellung übergegangen wurde, sondern mit ihrer Abbildung der von der Nilmotivik inspirierten Tier- und Pflanzenwelt des Sees Genezareth auch schlichtweg sehr markant und äußerst schön. Neben dem Altarstein wurde in späterer Zeit dann zudem noch ein Korb mit zwei Fischen und vier Broten (das fünfte liegt ja auf dem Tisch) eingefügt. Auf jedenfall eine äußerst sehenswerte Kirche, bei der unser Programm dann für den ersten Tag auch endet. 

Den Rest des Tages nutzte ich vor allem dafür, meine Sachen einzurichten und noch einmal in den See Genezareth zu springen. Mittlerweile wird es dunkler und der Vollmond geht schließlich über dem See auf, in dem ich schwimme! Ich muss sagen: einen 4. November könnte man schlechter beenden ;-).

Der zweite Tag: Primatskirche, Bet Schearim, Nahal Mearot, Caesarea Maritima

7.40 Uhr, das ist die Zeit, zu der unser Bus in den kommenden Tagen also idealerweise immer abfahren sollte. Um diese Zeit sollte man dann am besten geduscht sein, fertig hergerichtet sein und gefrühstückt haben. Gar nicht so einfach, wenn man beispielsweise nur 2 Duschen für 13 Bewerber hat. Wenn man sich dann möglichweise auch noch in den Kopf gesetzt hat, in der früh joggen oder im anliegenden "Pool" ein wenig schwimmen zu gehen, ist man dann ganz schnell mal bei einer Aufstehzeit von 5.40 Uhr, wenn das Tageslicht noch nicht so wirklich seine volle Kraft entfaltet hat. Das fühlt sich dann übrigens auch nicht besser an, wenn man den Tag bzw. die Tage davor die ganze Zeit auf Exkursion war und teilweise auf Berge gestiegen ist etc. Und auch nicht, wenn man ohnehin schon um 5.25 vom Läuten der Glocken vor dem Zimmerfenster erwacht ;-) So kam es dann auch zumeist, dass man sich um 7.40 Uhr im Bus erst einmal freute, wenn es hieß, man sei jetzt so eine gute Stunde unterwegs, weil man dann wusste, dass man noch ein wenig schlafen konnte.

Bevor wir allerdings das erste Mal an diesem zweiten Tag in den Bus steigen durften, gab es zunächst einen kleinen Ausflug zu Fuß auf das benachbarte franziskanische Gelände mit der sogenannten Primatskirche. Diese heißt so, weil dort der Tradition nach Joh 21 (eine Stelle, die wir übrigens einmal auch in einer Abendandacht behandeln) lokalisiert wird. Laut dieser Stelle erscheint der Auferstandene Jesus seinen Jüngern am Ufer des Sees Genezareth zum wiederholten Male und verhilft ihnen dort zu einem grandiosen Fischfang. Davon können sie anschließend an einem Kohlefeuer ein gemeinsames Frühmal zubereiten. Dabei fragt Jesus Petrus dreimal, ob er ihn denn liebe, was dieser jeweils bejaht und daraufhin von Jesus einen Hirtenauftrag ("Weide meine Schafe") erhält. In Erinnerung an diesen Hirtenauftrag heißt die dann dort von den Franziskanern 1933 wieder auf den Fundamenten einer alten Kapelle errichtete Kirche eben "Primatskirche", da mit diesem Auftrag Petrus praktisch das Primat eingeräumt wird. Das Herzstück der Kirche bildet ein in den Altar integrierter Felsstein, der der Tradition nach der Stein sein soll, auf dem Jesus in dieser Szene stand. In Bezug auf diesen Stein erhält der Ort auch seinen zweiten Namen "Mensa Domini", was "Tisch des Herren" bedeutet und an das Kohlefeuer und das Frühmahl erinnern soll. 

Besagter Stein.

Der Blick auf die Kirche vom Ufer her.






























Nach diesem Ausflug zur Nachbaranlage geht es dann aber doch rasch in den Bus und als wir das erste Mal wieder aufwachen, sind wir bereits in Bet Schearim angekommen. Dort bekommen wir gleich die nächste Ortsführung einer Kommilitonin und erfahren, dass Bet Schearim insbesondere im 2. und 3. Jhd. ein Zentrum der jüdischen Gelehrsamkeit war. Unter anderem entstandt dort eine der frühen galiläischen Synagogen, die wir auch kurz besichtigen können. Bereits im 2. Jhd. wird der Ort Sitz des Sanhedrins, der höchsten jüdischen Autorität. Dessen Anführer, Rabbi Jehuda HaNasi, war vielleicht einer der bedeutendsten und bekanntesten Rabbinen überhaupt. Er liegt ebenfalls dort begraben. Im 4. Jhd. allerdings wurde Bet Schearim dann beim Aufstand der Juden gegen Constantius vollständig zerstört. Besonders beeindruckend dort ist die Nekropole, also die Gräberstadt. Aufgrund der vielen Steingräber dort wird Bet Schearim gerne ein wenig mit Petra verglichen. Insgesamt sind dort über 30 Katakomben mit über 100 Gräbern ausgegraben worden. Die beiden bedeutsamsten davon, das Grab der Coffins (Coffins = Särge) und eben das Grab von Jehuda HaNasi konnten wir uns dann auch von innen ansehen. Es war wirklich beeindruckend, wie groß und verwinkelt insbesondere das Grab der Coffins ist. Überall finden sich dort die unterschiedlichsten Gräbertypen und an jeder Ecke stehen verschiedenartigst verzierte Steinsarkophage mit teilweise Verziehungen aus der griechischen Mythologie (Sarkophage waren ursprünglich keine jüdischen Begräbnisbräuche, sondern wurden quasi von Diaspora- Juden aus Ägypten und Mesopotamien importiert). Das Grab des Jehuda HaNasi dürfte wohl ein Familiengrab gewesen sein, da Inschriften auch auf die Gräber seiner beiden Söhne Rabbi Schimon und Rabbi Gamaliel und seinen guten Freund Anania verweisen.

Eingang zur Grabanlage.

Beispiel eines Sarkophages.

Grab des Jehuda HaNasi.









































 
Ausblick vom Hügel dort: ziemlich grün hier alles!
















Dann ist es auch schon Zeit für die Mittagspause. Dazu fahren wir nach Nahal Mearot, wo wir uns drei Höhlen ansehen können, von denen zumindest eine Spuren von sehr früher menschlicher Besiedelung aufweist. In der zweiten wird nachgestellt, wie man sich eben diese Besiedelung vorstellen könnte, während die dritte Höhle vor allem ob ihrer Lightshow Effekte zu beeindrucken versucht. Zumindest mal eine Abwechslung zu den ansonsten nicht immer so anschaulichen Steinruinen :-)

Verschiedene Schichten sind beschriftet.

So sah das also aus?





























Die letzte Station des Tages hält mit Caesarea Maritima noch einmal ein Highlight für uns bereit. Nach einer kollektiven Kaffeekaufpause sind Kreislauf und allgemeine Laune wieder deutlich besser und so können wir uns noch einmal auf eine Ortsführung in einem wirklich sehr großen Gelände einer einstigen Hafenstadt einlassen. Caearea Maritima findet tasächlich auch in der Bibel diverse Anklänge, unter anderem wirken dort Paulus, Petrus und Phillipus in der Apostelgeschichte. In dieser Zeit ist der Ort bereits Residenzstadt des Herodes geworden. Ab 135 wird Caesarea Maritima auch eine christlich- geistliche Metropole, in der unter anderem die bekannten frühen Theologen Origines und Eusebius wirken, ehe durch die Konzilien von Nizäa und Chalcedon (325 und 451) der Ehrenvorrang der Stadt entgültig an Jerusalem überging. Nachdem die Stadt in byzantinischer Zeit ihren Höhepunkt erreicht hatte, kommt es zunächst unter der muslimischen Eroberung und dann noch einmal in den blutigen Kämpfen der Kreuzfahrer, bei denen die Stadt mehrfach den "Besitzer" wechselt, zum Verfall der Stadt, bis 1291 nur noch eine Ruinenstätte übrig bleibt. 

Aus diesen Ruinen konnten jedoch viele Bauten erstaunlich gut rekonstruiert werden und so bestaunen wir zunächts alle ein wirklich hervorragend wieder hergerichtetes Theater des Herodes, in dem 3500 Menschen Platz fanden und das mit seinem Blick aufs Meer hinaus uns alle sehr beeindruckt. Interessant daran ist für mich vor allem eine Inschrift des Pontius Pilatus, die man dort fand, so wie die Tatsache, dass dies der Ort ist, wo nach der Apostelgeschichte Herodes Agrippa vor großem Publikum einen spektakulären Wurmtod erleidet- eine Szene, die wir in der Vorlesung bei Herrn Backhaus bereits eindrücklich betrachtet hatten. Das Theater ist mittlerweile so gut wieder hergerichtet, dass sogar wieder Auftritte dort stattfinden können und fast würde es mich reizen, mir einmal einen solchen dort anzusehen. 



Ebenfalls sehr beeindruckend fand ich das dort zu besichtigende Hippodrom, das insgesamt 30 000 Menschen die Möglichkeit bot, bei den Pferderennen von bis zu 12 Gespannen zuschauen zu können. Erbaut wurde es übrigens unter Hadrian im 2. Jhd.  Damit man sich das alles auch besser vorstellen kann, wurden entsprechende Pferdemodelle mit Wagen hinzugefügt ;-)



Insgesamt bietet Casarea Maritima noch einige beeindruckende Sehenwürdigkeiten mehr, wie beispielsweise Überreste von Heiligtümern, die im Laufe der Zeit von einem Kaisertempel zur Kirche, zur Moschee und dann wieder zur Kirche umfunktioniert wurden, Reste des Hafens, der Kreuzfahrerstadt und und und... Um euch einen kurzen Eindruck davon zu verschaffen und euch nicht noch mehr als ohnehin schon zu überfrachten, hier nur mal ein paar Impressionen noch davon:


Beeindruckend auch an diesem Tag, wie die Sonnenstrahlen einfallen.















Unsere Führung endet am nördlichsten Teil der Stadtanlage mit der Besichtigung zweier Aquädukte, von denen das größere aus römischer, das kleinere aus byzantinischer Zeit stammt. Wir sind mittlerweile an einer doch eher strandartigen Stelle angekommen und nachdem man uns schon vorgewarnt hat, haben sich die meisten von uns wie auch ich schon einmal mit Badesachen gewappnet und sind nun bereit, den Tag mit einem Sprung ins nicht allzu warme Mittelmeer ausklingen zu lassen! Eigentlich verrückt,  dass man knapp 2 Stunden später wieder am See Genezareth ist!

Besagtes Aquädukt.

Sonnenuntergang über dem Meer.





























Der dritte Tag: Baram, Omrit, Banias, Har Bental

In Baram besichtigten wir einen Ort, der zunächst einmal eine Synagoge aus dem 3. Jhd für uns bereit hält, die auf eine größere jüdische Siedlung zur entsprechenden Zeit hinweist. Da wir hier wieder auf altbekannte Bauweisen einer Synagoge stoßen, die ich ja bereits ein bisschen skizziert habe, entwickelt sich die Erklärung vor Ort gerne auch mal zu einer etwas humorvolleren Angelegenheit. Der weniger lustige Teil folgt allerdings prompt, also wir uns eine nahegelegene kleine Kirche von einer benachbarten Terrasse ansehen. Auf ihrem Dach steht zu unserer Verwunderung ein Zelt und sogar eine Satellitenschüssel! Schnell erfahren wir, was es damit auf sich hat. Nachdem 1762 Baram zerstört und von den jüdischen Bewohnern verlassen wurde, siedelten sich im 19. Jhd Maroniten, eine Gruppe arabischer Christen, dort an. Diese wurden jedoch während des Unabhängigkeitskrieges von dort gewaltsam vertrieben und durften trotz offizieller Zusagen nicht mehr in ihre Häuser zurückkehren. Stattdessen wurde das Dorf von der Armee eigenmächtig zerstört. Zurückgekehrt sind lediglich ein paar maronitische Bewohner, daher auch die Zelte! Nach einer eindrücklichen Schilderung aus Elias Chacours Buch "Und dennoch sind wir Brüder", die man uns vorliest, begutachten wir alle relativ betreten die übrig gebliebenen Ruinen, deren Verfall erkennbar noch nicht abgeschlossen ist. Wenn man so den Beginn der Entstehung eines neuen Tells erleben kann, dessen Geschichte noch deutlich näher ist, nimmt das auf einmal eine ganz andere Dimension an.

Kirchturm mit Zelt und Satelitenschüssel.















 
Eindrücke aus den Ruinen.

Zu unserer nächsten Station in Omrit müssen wir zunächst erst einmal ein wenig querfeldein wandern und dabei auch den einen oder anderen Stacheldrahtzaun überwinden- es sollte nicht das einzige mal gewesen sein, dass so etwas nötig war ;-) Dort dürfen wir uns dann selbst in Gruppen und ausgestattet mit ein paar Leitfragen an die Begutachtung einer Ruine machen. So können wir schließlich rekonstruieren, dass es sich um die Überreste eines Tempels handelt, der in zwei Phasen erweitert wurde, ehe er durch das Erdbeben im Jahr 363 zerstört wurde. Der älteste Teil war wohl ein kleiner Tempel aus hellenistischer Zeit aus dem 2. Jhd. v. Chr. im korinthischen Stil, der in römischer Zeit sowohl im ersten als auch im 2. Jhd n. Chr. eine Erweiterung erfuhr. Unter anderem ob der Ähnlichkeiten mit Darstellungen auf Münzfunden spricht doch einiges dafür, dass es sich dabei um den von Herodes im Zuge des Kaiserkultes für Augustus errichteten Tempel handeln dürfte, den man häufig aber auch in unsere nächste Station in Banias verortet. Interessant ist dies insofern, als dass an diesem Tempel auch die Lokalisation der biblischen Ortschaft Caesarea Phillipi hängt, in der Petrus nach Mt 16 das Messiasbekenntnis ablegt- also praktisch in der Hochburg des Kaiserkultes!
Auch wenn ich zu Beginn dachte, dass man doch mit dem Blick eines Laien in einem Haufen Steine sowieso nicht viel erkennen könne, muss ich zugeben, dass ich überrrascht war, wie viel wir doch herausbekommen konnten und glaube, dass man sich auf diese Weise den Aufbau dieser Ruine auch deutlich besser wird merken können, als den vieler anderer.

Möglicherweise der Augustustempel des Herodes?

Wie schon anklang, geht es danach für uns nach Banias, das man traditionell noch eher als das biblische Caesarea Phillipi sieht. Zunächst fällt einem der Bach ins Auge, der dort fließt. Zumindest ist das mein Eindruck, der jedoch sogleich von einigen von uns, die nicht zum ersten Mal hier sind, relativiert wird. So erfahre ich, dass hier normalerweise deutlich mehr Wasser fließt, ja geradezu durchrauscht, sodass man eher von einem kleinen Fluss, als einem Bach sprechen müsste. Selbst für diese doch eher trockene Jahreszeit sei der Wasserstand auffallend niedrig, versichert man mir. Es soll bei weitem nicht das einzige Mal während der Galiläa Exkursion bleiben, dass sich diese Problematik aufdrängt. Wenn man über den Jordan fährt oder in Tiberias den Wasserstand des Sees ablesen kann, bekommt die Wasserproblematik im Land, über die wir erst vor kurzem ein Referat gehört haben, gleich ein viel konkreteres Gesicht.

Eine der ersten Stationen unserer Führung ist dann auch gleich eine natürliche Höhle in einer Felswand, in der einst die Jordanquelle entsprang, die aber im Moment ebenfalls komplett trocken ist. In hellenistischer Zeit im 3. Jhd. v. Chr. wurde hier der griechische Gott Pan mit einem Heiligtum verehrt und auch der vermeintliche Augustustempel soll hier gestanden haben. Das Heiligtum wurde in den ersten Jahrhunderten nach Christus nochmals erweitert, wovon unter anderem eine künstliche Höhle und drei dekorierte Nischen in der angrenzenden Felswand zeugen.

Zahlreiche weitere Heiligtümer für Gottheiten wie Nemesis/ Tyche, Herakles und Venus finden sich ebenfalls auf dieser Ebene, die wir dort besichtigen. Nicht alles ist jedoch immer ganz eindeutig geklärt und es zeigt sich schon mal, dass man in der Archäologie sehr schnell dabei ist, einem nicht eindeutig zuordnungsbarem Ort einfach kultische Funktion zuzuweisen. So ist beispielsweise der verstärkte Fund von Tierknochen in diesem Areal dann schon eher mal ein Beleg für einen Tierkult, als für eine einfache Tierzucht ;-) 


Nach der Mittagspause bietet sich uns dann die Gelegenheit, einen alten Palast des Herodes anzusehen. Unter den Herodianern Phillipus und später Agrippa II wurde die Stadt nämlich zur hellenistischen Hauptstadt, bevor sie dann als römische Provinz ihre größte Ausdehnung erhielt. Die Anlage ist so groß, dass sie sogar unter einer Straße verläuft und in der Tat äußerst beeindruckend, wenn man durch die Gassen und Gänge dort schreiten kann. 



Bereits früh, noch zu Zeiten des Paulus wurde Caesarea dann christlich und auch Bischofssitz. Es folgen die üblich verdächtigen Stationen in der Geschichte all der Städte, die wir hier ansehen. Im 7. Jhd. die Eroberung durch die Araber, im 12. Jhd. geht der Besitz an die Kreuzfahrer über und nachdem der Ort schließlich wieder in arabischer Hand ist, steht bald nur noch die Größe eines Dorfes im 12. Jhd. Nachdem Banias dann seit 1922 zu Syrien gehört hatte, wurde es 1967 durch die Israelis erobert.



Zuletzt begeben wir uns dann noch auf eine kurze Wanderung durch den wirklich großen Nationalpark dort, um noch einen Blick auf den Wasserfall zu erhaschen, bei dem der Fluss entspringt. Auch hier wird mir wieder versichert, dass dieser normalerweise noch um einiges voluminöser sei, obgleich ich finde, dass er trotzdem immer noch richtig schön ist.




Unsere letzte Station des Tages kann man wohl am besten als eine äußerst eindrückliche in vielerlei Hinsicht beschreiben. Auf dem Har Bental in den Golanhöhen hat man einen tollen Ausblick, der weit nach Israel auf der einen und nach Syrien auf der anderen Seite hereinreicht. Man sieht dann sehr gut, welche Teile einst zu Syrien gehört hatten, ehe sie nach 1967 israelisches Gebiet wurden. Man sieht, wo die Pufferzone zwischen beiden Ländern verläuft, man sieht einen Checkpoint, an den wir später noch näher heranfahren. Von dort hört man in der Ferne dann tatsächlich etwa alle dreißig Sekunden ein dumpfes "Plop" und ich denke, es ist überflüssig zu erklären, woher das wohl kommen könnte. Und man sieht von der Aussichtsplattform auf dem Har die Ruinen des im Krieg zerstörten Dorfes Quneitra und direkt daneben das neu errichtete "Neu- Quneitra". Auf einmal tut es einen extrem lauten Schlag, als wir gerade dort oben stehen. Zu unserer "Beruhigung" wird uns mitgeteilt, dass dieser Schlag, da er von der israelischen Seite kam, eine Militärübung war. "Wenn er von der anderen Seite kommt, ist es Krieg" erklärt man uns dazu! Um die Seltsamheit der Situation noch weiter voran zu treiben, wurden von israelischer Seite auch noch eiserne Figuren von kämpfenden Soldaten an den verschiedenen Aussichtsstationen positioniert, was mir nicht minder makaber erscheint, als dort auch noch ein Cafe zu errichten. Genau ein solches besuchen wir dort aber noch, zumal es für die Qualität seines Kuchens offenbar vollkommen zurecht gerühmt wird. So sitzen wir dann also auf der Aussichtsplattform mit Kaffee und Kuchen, blicken auf einen fantastischen Sonnenuntergang auf der israelischen Seite und einen fantastischen Aufgang des Vollmondes auf der syrischen Seite und können uns beim Blick auf die Weite der Berge doch einfach nicht vorstellen, was hinter deren Gipfel wohl gerade alles vor sich gehen mag!

Noch 60 km bis Damaskus- theoretisch!

Blick auf Quneitra und Syrien.

Ohne Worte...












































Der vierte Tag: Nazareth, Tabor

Viele von uns -auch ich- blickten schon lange besonders gespannt auf den vierten Tag der Exkursion, der, versehen auch mit etwas mehr geistlichem Input, uns auf den Spuren Jesu zunächst einmal nach Nazareth führen sollte. Für die geistlichen Impulse begleitet uns dazu Herr Bornemann von den Mönchen vor Ort, der manch einem jetzt vllt. noch aus dem Fernsehgottesdienst aus Tabgha vor einigen Wochen bekannt sein mag. Er nimmt an den verschiedenen Stellen auf unserer Tagestour immer wieder Bezug zu den passenden biblischen Stellen und vermittelt uns auch einige ganz schöne Gedanken dazu. Persönlich schön fand ich dabei einmal übrigens, als zeitgleich dazu der Gesang des Muezzin einsetzte und er schmunzelnd meinte: "Mal schauen, ob ich da jetzt noch gegen den Kollegen ankomme!"
Zunächst einmal erfahren wir jedoch ein paar allgemeine Dinge über Nazareth und ich muss sagen, dass ich wirklich erstaunt bin, wie sehr das Nazareth von heute einfach nichts mehr wirklich mit dem Nazareth zu Zeiten Jesu zu tun hat (und demnach einen in meinen Augen auch nicht mehr wirklich viel davon spüren lässt). Es ist im Prinzip ein ähnliches Gefühl für mich, wie in Bethlehem: die Probleme der Stadt in der heutigen Zeit sind einfach viel präsenter, als das was sie vor 2000 Jahren ausgemacht haben dürfte. War Nazareth früher ein kleines vielleicht 1000 Seelen starkes Bergdorf von geringster Bedeutung, so ist es heute mit 60 000 Einwohnern und den vielen Shoppingmals und McDonalds etc., an denen wir vorbeikommen, nicht nur zu einer mittelgroßen Stadt geworden, sondern es ist obendrein auch noch die größte arabische Stadt im Staat Israel. Während der Anteil der Christen unter der arabischsprachigen Bevölkerung lange Zeit im Vergleich zu den Muslimen dort ungefähr 70:30 war, ist dies mittlerweile umgekehrt. Auch die jahrhundertelang sehr guten Beziehungen zwischen beiden Gruppen haben sich leider geändert, seit der Fund des Grabes eines Salladinneffen Nazareth auch zu einem Anziehungspunkt für radikalere Strömungen machte.
An unserer ersten Station, dem sogenannten Kloster der "kleinen Brüder", erfahren wir noch mehr über die heutige Situation der arabischen Christen im Ort, die sich gleich in mehrerer Hinsicht in einer Minderheiten- und Diffamierungssituation befinden. So gehören sie mit dem Christentum und der Gruppe von Palästinensern, die im Land gelieben sind, anstatt es zu verlassen, gleich einer doppelten Minderheit an, was ihre Identität immer wieder radikal in Frage stellt. Aber wir erfahren auch etwas über die kleinen Brüder an sich: Als ihr Begründer kann Charles de Foucauld gesehen werden. Die Idee dahinter ist, so sagt man uns, dass man in einer kleine Gruppe dem Leben Jesu nacheifern will, indem man natürlich gemeinsam betet und eben eine Art monastisches Leben führt, gleichzeitig aber auch unter die Menschen geht, Kontakte knüpft und sich sozial engagiert. Warum das ganze die "kleinen Brüder" genannt wird, erschließt sich uns dann insbesondere, als wir erfahren, dass es von ihnen weltweit nur 14 Stück gibt, davon drei hier vor Ort in Nazareth ;-)

Impressionen von der Klosteranlage















Weiter geht es zum Besuch der äußerst großen und pompösen Verkündigungsbasilika. Sie ist errichtet über einer Grotte, in welcher nach römisch- katholischer Tradition der Engel Gabriel Maria erschien und ihr die jungfräuliche Geburt ihres Kindes ankündigte. Bereits in Kreuzfahrerzeiten wurde hier eine Kapalle darüber errichtet, sodass die Kirche praktisch zwei Ruinen einschließt. Ansonsten fällt die Kirche vor allem durch ihre Größe auf. Sie ist zweistöckig, das heißt, man könnte praktisch oben Gottesdienst feiern und unten trotzdem noch die Kapellen und die Grotte besuchen und auch bei der Verzierung hat man offensichtlich nicht versucht zu sparen. Bereits der Hof fällt durch seine zahlreichen Marienbilder auf, die aus den verschiedensten Ländern der Erde stammen und unter denen das Bild aus Deutschland in Bezug auf seine Optik in Fußballsprache ausgedrückt wohl eher auf einem Abstiegsplatz stehen müsste ;-) Nebenan befindet sich noch eine deutlich kleinere Josefskirche, die ebenfalls auf den  Ruinen einer Basilika aus Kreuzfahrerzeiten errichtet wurde und fast bekommt man beim Anblick der großen Verkündigungsbasilika so ein wenig das Gefühl, man wollte Josef zumindest nicht völlig übergehen und hat ihm dann halt auch eine kleine Kirche hingestellt.
Eingangsbereich der Verkündigungsbasilika.

Die Mariendarstellungen...

...auch aus Deutschland




























Blick auf die Grotte.



Weiter geht es zu dem Ort, an dem der Tradition nach Jesus in die Synagoge von Nazareth ging und vorlas, ehe man ihn vertrieb. Heute steht dort eine orthodoxe Kirche und der Blick auf das Eingangsschild erfreut und amüsiert mich zu gleich, weil dort die Rede von der "Synagogenkirche" ist. Als dann noch der Gesang des Muezzin dazu einsetzt ist mein multireligiöser Augenblick perfekt :D






Unsere letzte Station in Nazareth ist die griechisch-orthodoxe St. Gabriel Kirche. Vor ihrem Areal befindet sich der Heilige-Maria Brunnen. Hier haben wir praktisch die griechisch- orthodoxen Gegenstücke zur römisch- katholischen Tradition der Verkündigungsbasilika, die diese Geschehnisse hierher verortet. Von hier aus beginnt nach einer ausgiebigen Mitagspause unsere Weiterfahrt zum Tabor.



Angekommen am Tabor, verbreitet zunächst einmal die Ansage, dass wir den Berg nicht, wie alle anderen Touristen per Shuttle erreichen, sondern zu Fuß dort hin gehen werden eher durchschnittliche Stimmung. Der Aufstieg lohnt sich aber durchaus, wenn man weiß, was oben auf einen wartet. Denn der Tabor ist der Berg, auf dem man die Tradition der biblischen Geschichte von der Verklärung Jesu verortet. Diese Tradition geht gesichert auf jeden Fall bis in das 4. Jhd. zurück. Seit 1924 steht dort eine Basilika, die in Anklang an den Vorschlag des Petrus in der biblischen Geschichte, dort zu bleiben und drei Hütten für Elia, Moses und Jesus zu errichten, konstruiert ist, indem man sie mit drei Türmen für drei Kapellen ausgestattet hat, wobei die mittlere für Jesus natürlich die deutlich größere ist. Sie ist bereits auf den Fundamenten einer älteren Basilika errichtet, von der im Laufe der Geschichte unterschiedliche Zeugnisse mal von einem und mal von drei Kirchen berichten. Auf jeden Fall ist alleine schon die Idee ausgesprochen gut, wie ich finde, und sie ist auch sehr schön umgesetzt. Insbesondere die Malerei in den einzelnen Kapellen beeindruckt mich. Aber auch der wirklich weite und tolle Ausblick von der Plattform neben der Kirche machte den Aufstieg definitiv lohnenswert, sodass wieder einmal ein intensiver Exkursionstag mit einem beeindruckenden Ausblick zu Ende ging.

Ausblick während des Aufstieges.

Die "drei Häuser"



Blick von innen.









































Das Wochendende: Brotvermehrungsfest und anderes

Gleich der Samstag unseres von Exkursionen freien Wochendenes stand unter dem großen Titel des in Tabgha jährlich Anfang November stattfindenden Brotvermehrungsfestes. Seit nunmehr zehn Jahren begeht das Kloster dort diese Feierlichkeit zum Andenken an die eben dort verortete Tradition, bei der alle arabischen Christen aus den umliegenden Gegenden eingeladen sind. So mussten wir dann auch für eine Zeit unseren Wohnbereich im Beit Noah verschließen, da das gesamte Gelände quasi gemeindefestartig mit Leuten gefüllt war. Das ganze begann mit einem wunderbaren Gottesdienst, der nahezu komplett auf arabisch abgehalten wurde. Insbesondere die Lieder, gesungen von einem Kinder- und Jugendchor in der Kirche, waren ausgesprochen schön und man hätte sich fast gewünscht, den Chor so wie er ist mitnehmen zu können, um ihn auch in deutschen Gottesdiensten jederzeit arabisch singen hören zu können ;-) Die Kirche war extrem gefüllt und es waren auch etliche hochrangige Vertreter auch anderer Konfessionen zu Gast. Der Gottesdienst endete dann mit einer Art Prozession, bei der die fünf mit Pitabroten gefüllten Körbe zu einem angerichteten Buffet für die Besucher gebracht wurden - begleitet von einer großen und sehr lautstarken Gruppe an Dudelsackspielern! (Ja ihr habt richtig gelesen: das mag einem zwar erst mal schottisch vorkommen, tatsächlich aber ist der Dudelsack ursprünglich ein arabisches Instrument, das erst später seinen Weg nach Schottland und dann wieder hierher zurück fand. Bereits in Jerash auf unserer Jordanienexkursion wurde uns das erklärt, als wir über den Auftritt von einer Gruppe Dudelsackspielern im Amphitheater doch etwas irritiert gewesen waren ;-). Für mich war es erneut besonders schön, einen Gottesdienst auf arabisch gehört zu haben, auch wenn man nach wie vor außer "Allah" bzw. "Illah" und ein paar einzelnen Worten noch nicht allzu viel versteht. Als dann am Nachmittag das Fest langsam ausklang, konnten wir noch ein wenig zum Kaffeetrinken das Pilgerhaus mit dessen wunderbarer Terrasse wahrnehmen.

Der Sonntag stand uns ebenfalls zu freien Verfügung und manche nutzten dies auch für eine Art "Wüstentag", der allerdings dieses Mal nicht so eindeutig im Programm festgeschrieben war und so nahmen wir in einer kleineren Gruppe eher die Gelegenheit wahr, einen Ausflug mit dem Bus nach Tiberias zu machen und uns dort für ein paar Stündchen (und nach längerem Suchen ;-) in ein sehr gemütliches Cafe am See zu setzen. Nach einer anstrengenden und intensiven Woche mit vielen Exkursionen und frühem aufstehen hinter uns und einer eben solchen vor uns, tat es wirklich gut, dieses Wochendende etwas ruhiger angehen zu können.

Man möchte am liebsten sofort zugreifen.

Sieht wirklich sehr schottisch aus :D




























Der siebte Tag: Magdala, Sepphoris, Chorazin, Kapernaum

Der siebte Tag lief unter der verheißungsvollen Überschrift: Synagogen in Galiläa. Entsprechend wussten wir natürlich schon, welche Art von Steinen uns ungefähr an diesem Tag erwarten würde und
was wir wahrscheinlich spätestens heute Abend fürs erste oft genug gesehen haben würden ;-)
Unsere erste Station des Tages führte uns dann gleich mal an einen Ort, den ich persönlich aus unterschiedlichsten Gründen besonders interessant fand, nämlich Magdala. Wer biblisch ein bisschen bewandert ist und jetzt an die Figur der Maria aus Magdala denkt, der kann sich vorstellen, dass dieses Magdala wohl nicht allzu weit von den anderen Wirkungsorten entfernt gewesen sein kann. Und so müssen wir gerade einmal 10 Minuten fahren, bis wir auch schon da sind. Es liegt praktisch auf halbem Weg nach Tiberias. Die Ausgrabungen in Magdala sind alle noch relativ neu. Erst seit 2009 sind dort ein mexikanisches und ein israelisches Team im Einsatz. So bekommen wir dort nicht nur eine äußerst interessante Führung von einer jungen mexikanischen Archäologin, sondern auch ein paar Einblicke in laufende Grabungen und Aufbereitungen.


Natürlich beginnt unsere Führung dem Tagesmotto angemessen in der Synagoge dort, nachdem wir zunächst mal einen dort gefundenen Steinquader mit noch nicht wirklich erklärter Funktion und Zeichnungen einer Menorah ansehen. Uns wird erklärt, dass es praktisch feststehen muss, dass Jesus mal in dieser Synagoge war, denn dass er in Magdala war steht ebenso außer Frage, wie dass zu diesem Zeitpunkt die Synagoge schon stand. Und dass er dort dann auch mal den zentralen Treffpunkt der Bewohner besucht haben dürfte, ist dann kaum unplausibel zu machen.


Wir sehen noch einige weitere Ruinen von Miqwen, Wohnanlagen und Hafenteilen. Uns wird erklärt, dass praktisch alles was hier gefunden wurde, nicht jünger als aus dem ersten Jhd. ist, danach verlor der Ort offenbar seine Bedeutung. Der persönliche Höhepunkt für mich ist dann die neu errichtete Kirche dort, in der wirklich viele lokale Motive auf eine sehr spannende Weise eingearbeitet wurden. Sie ist zunächst einmal umgeben von einem kleinen künstlichen Wasserbach. Als Altar wurde dort eine Art großes Segelboot aufgestellt, das rechts und links im Kirchenraum von Ganzkörperportraits der zwölf Jünger flankiert ist. Im Vorraum gibt es eine Art Taufbecken in der Mitte, während sich an den Seiten vier kleine Kapellen mit wirklich herausragend schön gezeichneten biblischen Szenen aus Magdala und Umgebung über dem Altar befinden. Man meint fast, wenn man gerade so die Führung durch Magdala hinter sich hat und nun diese Bilder sieht, man würde durch ein Zeitfenster gucken! Sicherlich mit einer der schönsten Momente auf der Exkursion für mich. Geht man noch ein Stockwerk tiefer, gelangt man zudem noch in eine Krypta, deren Boden mit original Steinen aus dem historischen Hafenmarkt gepflastert ist.

Man kann es richtig nachvollziehen....
... oder?
Ein Schiffsaltar...

... umgeben von Wasser!











































Viel zu schnell müssen wir die Kirche und Magdala wieder verlassen, denn unsere Reise geht weiter nach Sepphoris. Von dieser Stadt war mir bislang vor allem aus meiner Zwischenprüfung bekannt, dass Jesus es während seines öffentlichen Auftretens wie schon in Tiberias eher vermieden hatte, diese Stadt zu besuchen. Und das, obwohl er möglicherweise sogar mithalf, die von Varrus nach einem Widerstand gegen die römische Besatzung um Jesu Geburt herum zerstörte Stadt unter Herodes Antipas wieder auf- und zu einer Residenzstadt auszubauen. Als Sohn eines Bauhandwerkes erscheint das mehr als vorstellbar. Allerdings kooperierte Sepphoris fortan verstärkt mit der römischen Besatzung, was auch zu Jesu Abneigung beigetragen haben könnte. Erst als sich nach den weiteren jüdischen Aufständen auch nationalistisch gesinnte Flüchtlinge dort einfinden, weicht man wieder von dieser Haltung ab. Nach ihrem Niedergang vor allem wieder wie so oft durch ein Erdbeben im 4. Jhd. wurde die Stadt erst um 1200 unter den Kreuzfahrern zur Hauptstadt Galiläas und erlangte so noch einmal eine zweite Blütezeit.

Sepphoris ist vor allem als eine Mosaikenstadt bekannt und so gestaltet sich auch das erste Referat, dass wir dort zu hören bekommen, ganz nach diesem Thema. Wir besichtigen zunächst das sogenannte Nilmosaik, das unter anderem Ägypten als personifizierte Frau und den auf einem wasserspeienden Flusspferd sitzenden personifizierten Nil zeigt, was auf das Ereignis der Flutung der Felder hinweist. Weiterhin sind die Tore der Stadt Alexandria, sowie deren Pompeius- Säule und der Leuchtturm von Pharos abgebildet. Rechts unten wird das ganze von Fest- und Jagdszenen abgerundet.

Weiter geht es in einem römischen Haus aus dem dritten Jhd. n. Chr. mit dem sogenannten Dionysos Mosaik. Dort sieht man in verschiedenen Szenen einen Trinkwettstreit zwischen Dionysos, u.a. dem Gott des Weines und des Rausches, und Herakles, wobei der "running gag" des Mosaikes darin besteht, dass Dionysos all die positiven Eigenschaften des Rausches auf sich vereint und Herakles all die schlechten, oder anders gesagt: er säuft ihn nach allen Regeln der Kunst unter den Tisch! Dass die Darstellung durchaus zu unserer Erheiterung beiträgt bedarf wahrscheinlich keiner genaueren Erwähnung. Abgerundet wird das Bild von einem Frauenportrait am unteren Ende des Fotos hier, das auch gleich schon erahnen lässt, warum man es als die "Mona Lisa von Galiläa" bezeichnet.

Danach dürfen wir wieder in eingenständigen Kleingruppen die Stadt erkunden. Diese bietet unter anderem (man mag es kaum glauben) eine Synagoge, einen Marktplatz und einen Turm aus Kreuzfahrerzeiten, von dem man einen tollen Blick hat. Auf den beiden Kolonadenstraßen "Cardo" und "Decumanus", die der Stadt in nicht unwesentlichem Maße Struktur verleihen, finden sich unter anderem ebenfalls Verzierungen von Mosaiken (was auf den Reichtum der Stadt hindeutet, wenn man selbst den Bordsteig mit Mosaiken verzieren lassen kann!) und auch eingeritzten Spielen, wie beispielsweise Mühle :D. Zu unseren Aufgaben gehört es auch, dort eine kleine Menorah- Zeichnung zu finden, was schließlich doch auch allen gelingt. Wir treffen uns wieder in einem Theater, das wohl so etwa 4000 bis 5000 Menschen Platz bot und ebenfalls scheinbar wieder auch für mögliche Auftritte restauriert wird. Einen solchen bieten dann auch gleich unsere beiden Latein studierenden Kommilitonen auf eben jener Sprache dar, indem sie noch einmal die Motivik des Trinkgelages aufgreifen und sich dabei auch nicht von der Lautstärke der Bauarbeiten an der Theateranlage irritieren lassen ;-)

Blick auf das Theater vom Kreuzfahrerturm aus.

Ein verzierter Fußweg!































Nach einem Mittagessen (es gab übrigens Pita ;-) geht es weiter nach Chorazin zur nächsten Ortsführung. Biblisch ist Chorazin nur aus den Weherufen Jesu über Betsaida, Kafarnaum und eben Chorazin in Mt 11 und Lk 10 bekannt. Manche Traditionen besagen, dass die Stadt noch heute verflucht sei und deswegen auch nie dauerhaft bestehen konnte und dass hier auch der Antichrist zur Welt kommen werde ;-) Aufgrund seiner Erwähnung im babylonischen Talmud weiß man, dass es schon zur Zeit des zweiten Tempels (also so etwa ab dem 5. Jhd. v. Chr.) gestanden haben muss, auch wenn man seine heute vorhandenen Ruinen frühestens in das zweite nachchristliche Jahrhundert datieren kann. Auch Chorazin fiel im 5. Jhd. einem Erdbeben zum Opfer. Wie nicht anders zu erwarten ist Chorazins Synagoge das Prunkgebäude der Stadt, das auf deren höchstgelegenen Viertel (wie für Synagogen vorgeschrieben aber bei weitem nicht immer eingehalten) liegt. Unter ihren Funden ist besonders ein Steinsitz für den Synagogenvorsteher hervorzuheben, auf dessen Replik vor Ort unser ortsführender Kommilitone dann auch gleich einmal Platz nimmt. Die Synagoge ist umgeben von zahlreichen weiteren Gebäuderuinen, die allesamt aus dem für die galiläische Gegend typischen schwarzen Basaltstein erbaut sind und hier vor allem die Besonderheit einer speziellen Konstruktion von im Abstand von zwei Metern aufgestellten Stützsäulen aufweist, die es ermöglichen, trotz des brüchigen Basaltsteines größere Räume zu haben. Ebenfalls zu sehen gibt es hier eine noch recht gut erhaltenen Ölpresse, denn Oliven gehör(t)en zu den Hauptprodukten der Landwirtschaft in Galiläa.

Der schwarze Basaltstein fällt schon am Eingang ins Auge.














 
Eine antike Ölpresse.

Blick in die Synagoge.






























Unsere letzte Station des Tages dürfte den meisten Lesern hier etwas mehr vom Namen her sagen, als diverse Orte zuvor. Es würde an dieser Stelle sicherlich den ohnehin schon wieder deutlich zu langen Rahmen dieses Posts sprengen, wenn ich euch jetzt alle Stellen auflisten wollte, an denen in der Bibel Kafarnaum zum Thema wird. So sei an dieser Stelle nur auf die bei Mk, Mt und Lk berichtete Heilung der Schwiegermutter des Petrus dort verwiesen. Und zwar aus dem Grund, dass diese Stelle auch von archäologischer Relevanz ist. So fand man in Kapernaum in einem der Privathäuser eine Auffälligkeit beim Untersuchen der Schichten. In diesem Haus sind nur bis zum späten ersten Jhd. Funde von Gegenständen des täglichen Gebrauches möglich, die sich in gestampfter Erde verbargen. Über ihnen befand sich eine Schicht aus für Kafarnaum einzigartigem weißem Mörtel. Auffallend waren auch die Veränderungsspuren des vierten Jhd. Dort gefundene Zeichnungen, Monogramme Jesu und Erwähnungen des Namens Petri lassen den Gebrauch des Hauses als eine Art "Hauskirche" mehr als plausibel erscheinen. Und so kann tatsächlich aufgrund dieser wirklich sehr sehr frühen Anhaltspunkte als äußerst gut möglich gelten, dass man hier das Haus des Petrus bzw. seiner Schwiegermutter gefunden hat. Es fällt mir in der Tat beim Anblick des selben wieder mal nicht ganz so leicht, mir vorzustellen, wie Jesus dort möglicherweise mit der Familie des Petrus in diesem Haus sitzt oder von dort aus mal wieder auf eine Wanderung aufbricht. Aber es ist einfach toll, mal wieder vor einem der Orte zu stehen, von dem man schon für die Zwischenprüfung gelernt hat. Natürlich ist klar, dass man an so einem Ort unmöglich auf den Bau einer Kirche verzichten kann und so entstand schon im 5. Jhd über diesem Haus eine oktogonale Kirche, deren konzentrisch aufgebaute Achtecke so angelegt sind, dass man durch das innerste auf das Haus hinab blicken kann. 1990 entstand dann durch die franziskanische Kustodie in einem ähnlichen Stil noch einmal ein deutlich moderneres Gotteshaus.

In der Tat sehr modern ;-)

Blick auf das Haus des Petrus unterhalb der Kirche.





























Natürlich erschöpft sich auch Kafarnaums Geschichte bei weitem nicht in dessen biblischen Aspekten. Den archäologischen Funden von dort nach zu urteilen, war es schon 2000 v. Chr. besiedelt. Zu Jesu Zeiten ist es als römische Garnisionsstadt vor allem von Fischern, Bauern und Händlern bewohnt. Im Laufe seiner Geschichte werden dort zwei Synagogen errichtet, wobei die erste im Zuge des Bar- Kochba Aufstandes (132-135) zerstört wird, während die zweite wohl frühestens im 3. Jhd im Zuge einer römischen Beschwichtigungspolitik unter römischer Mithilfe, vielleicht aber auch erst später erbaut wurde.


Auf jeden Fall kommen wir natürlich nicht umhin, besagte Synagogen auch anzusehen. Erhalten ist davon praktisch nur noch die jüngere, diese dafür aber umso besser. Auffallend ist der große Nebenraum, den sie noch besitzt, den wir auch betreten und dessen Funktion noch nicht so wirklich geklärt ist. An einer Stelle der Synagoge wurden Stichgrabungen durchgeführt, die wohl die Reste der älteren Synagoge zum Vorschein gebracht haben.



Eine kleine Anekdote zum Ausklang dieses Tages ergibt sich dann auch noch. Als unser studentischer Ortsführer mit seinem Vortrag geendet hat, darf er sich natürlich den üblichen Applaus von uns abholen, was scheinbar eine nebenanstehende und deutlich größere Tourigruppe inspiriert, ebenfalls in diesen mit einzustimmen, nur um uns zu zeigen, dass man noch lauter als wir klatschen könne, wie man uns dann versichert. Interessant wäre da natürlich noch der Eindruck der anderen umstehenden Gruppen zu erfahren gewesen ;-)

Der achte Tag: Gamla, Gilgal Refaim, Umm el- Qanatir, Qatsrin

In Gamla angekommen beginnen wir in guter Küchler- und Studienjahrsexkursionstradition mit der gewohnten Reihenfolge bei einer Präsentation eines archäologischen Ortes, die mittlerweile ähnlichen "running gag" Status hat wie der Aufbau einer Synagoge, eines Theaters oder der Frage, was es heute zum Mittagessen gibt ;-). Sie lautet: Name, Lage, Geschichte. Wobei hier Name und Lage nicht wirklich voneinander zu trennen sind, denn Gamlas Lage an einem Hügel, der in seinem Aussehen einem Kamelhöcker ähnelt, gibt dem Ort auch diesen Namen (hebr. gamal = Kamel). Obwohl auch Gamla wohl schon seit dem späten vierten Jahrtausend vor Christus besiedelt war, erlebt es seine Blütezeit als jüdische Stadt vor allem im ersten Jahrhundert vor Christus bis zu seiner Eroberung durch die Römer im Jahr 67. Von dem antiken Geschichtsschreiber Flavius Josephus, der in der Theologie und Archäologie ab einem gewissen zu betrachtenden Zeitraum für so ziemlich alles eine Quelle darzustellen scheint und der im Zuge der jüdischen Aufstände in Gamla dort als deren Befehlshaber fungierte, können wir diese Ereignisse entsprechend sehr gut nachvollziehen. So war Gamla noch zu Beginn des Jahres 66 eine romtreue Stadt, ehe man auf die Seite der Aufständischen wechselte. Unter dem späteren Kaiser Vespasian wurde Gamla dann von September bis Mitte Oktober 67 von drei römischen Legionen belagert und unter anderem mit Schleudersteinen beschossen, bis ein Durchbruch durch die von Josephus noch mit aller Macht verstärkte Mauer dort gelang. Noch heute sieht man sehr gut die Bresche dort in der Mauer und auch entsprechende Wurfgeschosse sind dort zur Betrachtung aufgestellt worden. Zudem untergruben die römischen Truppen die Verteidigungsanlagen und den Rundturm, dessen Reste wir ebenfalls besteigen, und drangen so in die Stadt ein. Dort trieb man dann die Einwohner bis an die Spitze des Hügels, von wo aus sie entweder freiwillig in den Tod stürzten, oder in den Tod gestürzt oder erdolcht wurden. Als wir diese Spitze kurze Zeit später noch erklimmen, stellen wir dann auch fest, dass man von dort zwar eine recht gute Aussicht auf die umliegenden Berge und den See hat, allerdings nicht unbedingt von hier herunterfallen möchte :-)

Der "Gamal" Höcker















Mit solchen Geräten...


















... schafft man solche Breschen.
















Gamla hält natürlich noch einiges mehr für uns bereit. Neben einer Miqwe, einer weiteren Olivenpresse, einer Villa und einer Basilika können wir nun endlich auch einmal eine Synagoge betrachten. Alle Ironie nun aber wieder außen vor gelassen, hat diese Synagoge tatsächlich ein paar Besonderheiten. So ist sie beispielsweise nicht Richtung Jerusalem ausgerichtet, sondern passt sich den Gegebenheiten des Hanges an, was gleichzeitig auch bedeutet, dass sie nicht am höchsten Punkt der Stadt zu finden ist.


Eine in jeder Hinsicht bemerkenswerte Führung nach Gilgal Refaim bekommen wir dann von unserem Studiendekan Thomas. Zunächst einmal müssen wir dazu den Bus mitten auf einer Landstraße verlassen und durch eine Öffnung in einem Zaun einen einstündigen Marsch durch die Pampa einschlagen. Dass wir nach dieser Stunde dann unser Ziel erreicht haben, wäre uns fast gar nicht aufgefallen, denn wenn man Gilgal Refaim nicht aus der Vogelperspektive betrachten kann, fällt einem gar nicht auf, dass der seltsame Berg an Steinen, die hier herumliegen, einer ganz bestimmten Anordnung folgt. Er bildet nämlich mehrere Steinkreise, in deren Mitte ein Steinhügel mit einer Unterhöhlung ist, in die man sogar hinein klettern kann. Von unserem Studiendekan erfahren wir zunächst, dass die Steinkreise wohl eine Art astronomischen Kalender aus der Kupfersteinzeit darstellen. Für die Untergrabung des Hügels wird wohl mit einer später errichteten Grabanlage zu rechnen sein. Dann legt Thomas richtig los. In einer supertrockenen und ernsten Art und Weise erläutert er uns eine abstruse Theorie nach der anderen, die sich um diesen Ort gebildet hat, von Schlagwörtern wie Aliens, Kabbala, Matrix des Lebens und Beerdigungsort der Riesen aus Genesis 6, den aber die Forscher aus diesem Bereich nicht wirklich in Erwägung ziehen, weil das Grab dafür eigentlich zu klein wäre, ist alles dabei ;-) Es ist das erste Mal, dass dass Studienjahr an diesen Ort eine Exkursion unternimmt und auf dem Rückweg beschleicht uns auch ein wenig das Gefühl, dass wir diesen Ausflug auch der großen Freude Thomas` zu verdanken haben, sich mit all diesen Theorien zu beschäftigen um uns diesen amüsanten Vortrag zu halten.
Blick auf die Steinkreise
Das Grab (?)




























Unser anderem ist unser Weg durch die Pampa auch von solchen Begegnungen geprägt!

















Unsere Mittagsstation Umm el- Qantir kann ich tatsächlich einmal sehr kurz fassen. Wir halten dort, um Mittag zu essen und uns auf Eigeninitiative noch eine weitere Synagoge anzusehen, die noch nicht vollständig aufbereitet ist.

Die nachmittägliche Einheit führt uns dann zunächst nach Qatsrin, einem großen Freiluftmuseum. Qatsrin war vor allem vom 4. bis zum 8. Jahrhundert nach Christus ein blühendes jüdisches Dorf mit einer (Überraschung!) Synagoge, die in dieser Zeit dann auch vergrößert und renoviert wurde. Durch ein Erdbeben im 8. Jhd. kam dies dann zum erliegen, ehe Qatsrin im 13. Jahrhundert durch Muslime wieder besiedelt wurde. In dieser Zeit wurde auf dem Gebiet der Synagoge dann eine Moschee errichtet (an dieser Stelle mal ein kurzer Exkurs: wie euch vielleicht schon aufgefallen ist, kann man praktisch als Faustregel festhalten, dass über alle Jahrtausende hinweg die Heiligtümer immer an die gleichen Orte gestellt werden, egal, welcher Religion sie zugehören. Es kann also schon mal sein, dass ein Heiligtum für kanaanäsiche Gottheiten dann von Gottheiten anderer erobernder Kulturen, dann von einem jüdischen und später einem islamischen Heiligtum oder auch beispielsweise einer Kirche überlagert wird. Das erleichtert zumeist jedenfalls die Frage danach, wo man nach den älteren Heiligtümern grabe müsste, macht es aber natürlich unmöglich, diese alle zusammen freizulegen). Für das Freilichtmuseum hat man dort vor allem zwei Gebäude aus talmudischer Zeit rekonstruiert und zur besseren Anschauung auch mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet- eine durchaus willkommene Abwechslung zu all den Steinfundamenten, die man sonst zu sehen bekommt.

Auch die Nachstellung der obligatorischen Ölpressen...

... darf natürlich nicht fehlen.




























Und natürlich die besagte Synagoge.
Weiter geht es dann noch in ein Museum, dass uns noch einmal Fundstücke aus Gamla präsentiert (der Ort, wo wir heute als erstes waren ;-). Es "glänzt" vor allem mit einem tollen Modell von Gilgal Refaim, dass mit diversen Lichteffekten zu überzeugen weiß und einem Film über Gilgal Refaim, der alles, was wir bislang an zionistischer Propaganda zu sehen bekamen, weit in den Schatten stellt. Er rühmt die fantastische Leistung des Geschichtsschreibers Josephus, anhand derer man jedes Detail von Gamla und seinem Kampf gegen die Römer nachvollziehen könne, er betont die Rolle des kleinen Gamla in seinem tapferen Kampf gegen das große böse Rom, dass es komplett umgibt (wer erkennt wohl die Parallele?) und verweist dann auf die schicksalhaft anmutende Tatsache, dass Gamla 67 von den Römern vernichtet, aber 1967 im Sechstagekrieg von israelischen Kämpfern wieder "zurück" erobert werden konnte. (Ich wusste ja nicht, dass da bis dahin immer noch die Römer dort saßen). Dann folgen noch ein paar Bilder von glücklichen jüdischen Familien, die definitiv nicht aus Gamla sind, denn da wohnt ja niemand auf einer archäologisch aufbereiteten Ruine aus der Antike, und endete dann mit dem flammenden Schriftzug, dass Gamla nie wieder fallen werde! Das einzige, was mir da noch fehlt wäre ein "Panem heute, Panem morgen, Panem für immer" (ich hoffe, die meisten wissen, was ich meine). Nach dem Film weiß niemand so richtig, ob man nun lachen oder weinen soll, obgleich man uns bereits den ganzen Tag über von offizieller Seite humorvoll auf dieses Meisterwerk der Dokumentarfilmkunst vorbereitet hat. Aber vielleicht ist es bezeichnend, dass wir danach noch einen kurzen Stopp bei einem wohl etwas bekannteren Brauhaus machen ...

Der neunte Tag: Hippos, Kursi, Arbel

Unser erster Ausflug des neunten Tages führt uns an das Ostufer des Sees Genezareth, hinauf auf die antike Bergstadt Hippos. Unser erster Eindruck ist, dass es dort einerseits sehr windig und kalt ist, andererseits aber auch einen super Ausblick über den See und auf das gegenüberliegende Tiberias bietet. Zu Hippos erfahren wir, dass die Stadt in der Zeit nach Alexander dem Großen von den Seleukiden, die sich mit den Ptolemäern um sein einstiges Reich stritten, gegründet wurde. In den folgenden Jahren war sie entweder unter dem Besitz von Herrschern wie Alexander Jannai oder Herodes dem Großen, oder aber sie war in relativer Selbstständigkeit der nichtjüdischen Bevölkerung. Nach Herodes wurde die Stadt dann Teil der römischen Provinz Syrien und verhielt sich weiterhin so romtreu, dass sie im ersten jüdischen Krieg 66 gleich alle jüdischen Bewohner umbringen ließ. So erlebte sie unter römischer Zeit auch später unter Kaiser Trajan ihre Blütezeit, nachdem sie ohnehin schon Bestandteil des sehr bedeutsamen Zehnstädtebundes, der sogenannten Dekapolis war. Entsprechend sind die meisten Überreste, die wir dort zu sehen bekommen auch aus römischer Zeit, wie beispielsweise der decumanus maximus, also die Hauptstraße der Stadt. Von der hellenistischen Zeit vor den Römern zeugt unter anderem ein Odeion, ein Gebäude für Aufführungen und Wettkämpfe im Bereich Lyrik und Musik mit Platz für 500 Zuschauer. Im Eingangsbereich findet sich das Osttor mit zwei Türmen und der für Dekapolis Städte charakteristischen massiven Mauer, die beide allerdings nicht mehr allzu gut zu erkennen sind. Später dann, in byzantinischer Zeit, wird Hippos auch Bischofssitz, wovon noch heute die Ruinen von acht Kirchen zeugen (eine davon übrigens am Ort eines vormals römischen Tempels errichtet). Und natürlich ist es keiner weiteren Nachfrage wert, dass wir uns diese Kirchen genauer ansehen. Witzigerweise wäre unsere erste Annahme hier beim Anblick der Ruinen erst mal gewesen, dass wir es mal wieder mit einer Synagoge zu tun haben. Tatsächlich gibt es etliche ähnliche Elemente, wie beispielsweise in der Kathedrale mit ihrem Baptisterium (eine christliche Taufkapelle). Ihre ursprünglichen zwei Reihen von Marmor- und Granitsäulen verweisen nicht nur auf den uns schon bekannten dreischiffigen Aufbau, sondern auch in charakteristischer Weise auf das Erdbeben, das die Stadt im 8. Jhd. zerstörte (ja, auch das ist kein ganz neues Phänomen mehr :D), da sie alle in dieselbe Richtung angeordnet auf dem Boden liegen. In der Nordost Kirche ist noch zu erkennen, dass dort im Altarraum zwei Sarkophage aus Kalkstein gefunden wurden, unter anderem mit den Knochen einer 60 Jahre alten Frau. Ein Highlight stellt für uns aber vor allem dar, dass man hier auch selbst noch archäologisch ein bisschen tätig werden kann, denn praktisch überall liegen gut sichtbar verschiedenste Tonscherben etc. rum. Das Größte ist dann natürlich, als wir in der Nordwestkirche zufällig auf ein wahrscheinlich von den Archäologen zum Schutz mit einer leichten Sandschicht zugeschüttetes Mosaik stoßen. Schnell zeigt sich, dass wir die Steine scheinbar auch am neunten Tag noch nicht satt haben und es entbrennt ein regelrechtes Scherben- und Mosaikenfieber unter uns. Am Ende müssen wir natürlich die wenigen Stellen, die wir uns ansehen, wieder zuschütten, um nichts von dem Mosaik zu zerstören, bis es einmal hoffentlich professionell aufbereitet werden wird. Denn durch den Schutz des Sandes ist die Farbe tatsächlich noch fantastisch gut erhalten und es wäre schade, diesen Anblick nicht irgendwann einmal wieder Preis zu geben.

Ausblick von Hippos- leider ist es etwas diesig.

Die "geordnet eingestürzten" Säulen

Die Farbe ist wirklich beachtlich.






Der intensivste Eindruck von Hippos allerdings, der mir persönlich bleibt, ist wieder einmal dessen jüngere Geschichte, die zwischen all den antiken, römischen und byzantinischen Gebäuden ebenfalls wieder klar sichtbar wird. So sind die Spuren von den Kämpfen auf den Golanhöhen dort unübersehbar, alleine schon, wenn man um dorthin zu gelangen, über einen Pfad laufen muss, der massiv eingezäunt ist, da das Gebiet rechts und links von ihm vermint ist. Und es ist einfach ein seltsamer Anblick, die entsprechenden dort errichteten Gebäude der Kriegsstationen zwischen all diesen Ruinen zu sehen.
Im Anschluss an unsere Führung auf Hippos dürfen wir uns in Kleingruppen eigenständig an den Abstieg des Berges machen, was eigentlich vor allem bedeutet, viele Serpentinen herab zu laufen. Und weil danach noch eine größere Plantage folgt und danach noch der nicht allzu übersichtliche Kibbuz En Gev und das Ganze dann doch etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt, gönnen wir uns zunächst mal eine ausgiebige Kaffee- und Milchshakepause dort und verhelfen dem Betreiber des entsprechenden Kiosk so wahrscheinlich zum lukrativsten Tag seines Geschäftes seit langem.
In Kursi komme ich kurioserweise schon zum zweiten Mal an den Ort, an dem Jesus der Bibel nach eine Legion Dämonen aus einem Besessenen austreibt und diese in eine Herde Schweine schickt, die sich dann von einer Klippe stürzen und ertränken. Trotzdem bin ich das erste mal in meinem Leben in Kursi! Wie das sein kann? Das ist das "heilige" Land. Eine biblische Tradition kann hier durchaus auch mal an mehreren Plätzen verortet werden, die sich dann gerne auch mal darüber streiten, wer denn jetzt wirklich den richtigen Ort hat. Manchmal läuft es auch so, dass eine Gruppe neidisch auf eine Tradition war, diese auch haben wollte und sich dann ihren eigenen Platz suchte, wo sie diese Tradition festlegt. Ich schätze, das dürfte euch im Verlauf dieses Posts auch schon mal aufgefallen sein. Aber wenn natürlich auch schon in der Bibel der Ort dreimal unterschiedlich genannt wird (Mt: Land der Gadarener; Lk: Land der Gergesener; Mk: Land der Gerasener! Gerasa ist übrigens Jerash, dass wir am Ende unserer Jordanienexkursion besucht haben, daher war ich also auch schon mal an einem Ort mit einer solchen Tradition) kann es ja auch kaum anders kommen, oder? Für Kursi spräche nun, sofern man diese Geschichte für historisch halten möchte, dass tatsächlich eine entsprechende Felsvorkehrung und vor allem ein See vorhanden wäre, wo sich die Schweine ertränkt haben könnten. Und natürlich ließ man es sich nicht nehmen, dort auch gleich wieder eine kleine, zum Teil in den Felsen gehauene Kapelle zu errichten. Sehenswerter sind aber die Reste der Kirche der dortigen Klosteranlage. Diese Kirche wurde um das Ende des 5. oder Anfang des 6. Jhd. errichtet. Nachdem bereits die Perser im 7. Jhd an ihr diverse Zerstörungen verübt hatten, war es schließlich mal wieder ein Erdbeben, dass sie in die Knie zwang. Neben einer obligatorischen Olivenpresse (ja, selbst in Kirchenruinen gibt es die noch für uns zum Ansehen) und einer Zisterne mit zwei Öffnungen zum Wasserschöpfen sind dort vor allem die wieder sehr gut erhaltenen und diesmal auch nicht verschütteten Mosaiken besonders erwähnenswert. Interessanterweise wurden an ihnen alle Tierdarstellungen systematisch zerstört, sodass nur die pflanzlichen Darstellungen verblieben. Sehenswert ist dabei auch eine noch sehr gut erhaltene Inschrift mit Informationen zur Fertigung des Mosaikes.

Weg zu den Resten der Kirche.

Der Altarbereich.

Eben erwähnte Inschrift.



Weiter geht die Reise nach einem Mittagessen, dass sogar eine Alternative zur Pita (nämlich normales Brot) bot, zu einer Station, die noch einmal verspricht, uns alle ein wenig körperlich zu fordern. Der Berg Arbel liegt am Westufer des Sees Genezareth auf der Höhe von Magdala, also praktisch einmal auf der anderen Seite von Hippos, was uns schon einmal die Möglichkeit gab, aus der Ferne den steilen Abhang auf der einen Seite zu betrachten, den wir später heraufsteigen sollten. Letzten Endes erweist es sich aber als gar nicht so dramatisch, denn da, wo es richtig steil wird, sind in sehr guter Weise Steigeisen in den Fels gehauen, sodass man ihn problemlos bewältigen kann. Auf halbem Weg bekommen wir noch einmal ein paar Informationen über das Gebiet, das sich uns dort erschließt und über die vielen Höhlen, die wir in den Felsen wahrnehmen. So ist der Arbel in der Tat ein äußerst blutiger Ort. Nicht nur der seleukidische General Bakchides, der dort 161 v. Chr. lagerte, richtete dort ein Blutbad an, auch Herodes der Große ließ dort in Kästen seine Soldaten abseilen, um Räubern, die sich in den Höhlen verschanzt hatten, mit Feuer und Widerhaken den Garaus zu machen. Während des jüdischen Aufstandes in Galiläa befestigte Josephus die Höhlen militärisch und im 17. Jhd baute der Sohn eines drusischen Emirs die Höhlen zur Felsenfestung aus, ehe ihm ähnliches wie den Herodesräubern widerfuhr. Die Felsenfestung kann man während des Aufstieges übrigens sehr gut ansehen, was wir auch tun, da es nur ein kurzer Abstecher ist. Letztlich erscheint es kaum verwunderlich, dass an einem solchen Ort auch die talmudische Traditon eine endzeitliche Schlacht bei der Ankunft des Messias sieht.

Höhlen auf dem gegenüberliegenden Berg.

Blick auf die Felsenfestung von unten.





























Es gibt allerdings auch deutlich angenehmeres vom Arbel zu erzählen. Der fantastische Ausblick in alle Richtungen, der selbst für all die Ausblicke, die ich jetzt schon haben dürfte in diesem Land, noch einmal besonders stark ist, rechtfertigt jeden Aufstieg dorthin. Unter anderem blicken wir auf ein Wadi, das früher die Haupstraße aus dem westlichen Land Richtung des Sees war. Wenn man also als Wanderprediger aus Nazareth kam und Kafernaum als eine Art Basislager für seine Wanderschaften verwendete, muss man wohl oder übel mal auf dieser Straße gelaufen sein ;-)

Besagte "Straße".

Der Blick geht weit über Tabgha und Kafernaum hinaus.


Der zehnte Tag:  Tel Dan, Hazor, Bethsaida
Für die letzte beiden Tage sollten wir nun noch einmal ganz besonders fachkundige Führungen bekommen, denn mit Gunnar Lehmann würde uns nun ein absoluter archäologischer Experte für die Areale, die wir nun vor hatten zu besichtigen, zur Verfügung stehen, der uns bereits zuvor in Jerusalem schon einmal einen Tag lang besucht und ein paar einführende Informationen zur archäologischen Sicht auf die frühesten Ereignisse der Geschichte Israels gegeben hatte. Nicht zuletzt hatte er an einigen dieser Ausgrabungen, die wir besichtigen würden, sogar selbst mitgewirkt. Und getreu nach dem Motto "das Beste kommt zum Schluss" hatten wir uns die wirklich großen Tels hierfür noch aufgehoben. Hier sollten mir nun auch Orte begegnen, von denen ich für das Auswahlgespräch gelesen hatte und versucht hatte, mir das alles vorzustellen,  wie es wohl dort sei, um es mir besser einprägen zu können. Insofern war ich schon sehr gespannt darauf, nun tatsächlich an viele dieser Orte kommen zu können.

Unsere erste Station führte uns dann nach Dan. Die Lage Dans am Fuße des Bergs Hermon inmitten eines fruchtbaren Quellgebietes sorgt dort für eine wunderschöne grüne Landschaft inklusive eines kleinen Flusses, der aber scheinbar ebenfalls deutlich weniger Wasser führt als sonst. Dan findet ebenfalls ein paar Mal Erwähnung in der Bibel, die bekannteste Stelle mag möglicherweise 1. Könige 12 sein, als der erste König des gerade frisch gegründete Nordreiches Israel, Jerobeam I, dort in Konkurrenz zum Tempel in Jerusalem ein goldenes Kalb auf einem Höhenheiligtum aufstellt. Auch wenn diese Geschichte äußerst subjektiv geschrieben ist und sicherlich in etlichen Punkten an historischen Ereignissen ziemlich vorbeigehen dürfte, so können wir ein solches Höhenheiligtum in Dan tatsächlich bestaunen und genau dorthin führt uns auch als erstes unser Weg. Archäologisch feststellbar ist dort zunächst einmal, dass das Heiligtum unterschieden werden kann in einen ummauerten Hof, in dem möglicherweise ein großer Opferaltar stand -so zumindest wird es durch die dort andeutungsweise aufgestellten Eisenstangen klar suggeriert. Ein paar Schritte weiter und höher gelegen davon ist dann eine ebensolche Kultanhöhe, im Prinzip eine Art erhöhte Plattform aus Kalksteinplatten, aufzufinden. Schnell stellt sich für uns heraus, dass es alles doch ein klein wenig komplizierter ist, als es die Bibel nahelegt. Dan liegt in unmittelbarem Grenzbereich damaliger syrischer und phönizischer Völker und deren kultureller Einfluss kann bei der Betrachtung vieler Elemente nicht nur des Heiligtums schlicht nicht vernachlässigt werden. Noch heute hat sich diese Lage in unmittelbarere Nähe zu anderen Parteiungen nicht wesentlich geändert, was uns mit einem Blick auf die dort zu sehenden Libanon und Antilibanon bewusst gemacht wird. Vor allem der Kampf um die Dan- Quellen zwischen Syrien und Israel ging auch an diesem Ort nicht einfach so vorrüber. Unter anderem war der Tel für eine gewisse Zeit lang als israelischer Militärposten genutzt worden, ehe sich Israel 1967 durchsetzen konnte. Dass Jerobeam I tatsächlich hier goldene Stiere aufstellen ließ, ist in Anbetracht des syrischen Einflusses in dieser Gegend zunächst mal nicht unplausibel. Schließlich scheint es gerade im syrischen Bereich bis zu dieser Zeit eine völlig normale Art und Weise gewesen zu sein, Gott (in der Weise, wie man ihn sich im Nordreich damals vorstellte) mit derartigen Bildern und auch Statuen zu verehren. Die Bezeichnung "Kalb" soll dann den eher spöttisch abwertenden Begriff des hebräischen Wortes zum Ausdruck bringen, den man im Prinzip auch mit einer Art "Jungstier" übersetzen könnte, jedoch schwingt dieser spöttische Aspekt in der biblischen Beschreibung an dieser Stelle, die einem solchen Kult kritisch gegenüber stand, absolut mit. Unklar bleibt dann aber, ob es wirklich Jerobeam I oder vielleicht doch erst Jerobeam II war, der das tat und ebenso, was hier sonst noch verehrt wurde, denn auch für die hellenistische Zeit und die römische Zeit kann eine Benutzung des Heiligtumes festgestellt werden, für die hellenistische Zeit sogar eine Umbaumaßnahme. Es bleiben also noch eine ganze Reihe Fragen offen für dieses Heiligtum.


Mit "Israel" würde man vielleicht nicht in erster Linie solche Bilder assoziieren.

Ob hier wirklich mal so ein Altar stand, kann man schlichtweg nicht sagen.





























Weiter geht es an das andere Ende des Tels. Dort bleiben uns neben den archäologischen Informationen erneut auch wieder nicht die negativen Ereignisse der jüngeren Geschichte verborgen. So ist für den normalen Besucher gar nicht zu erkennen, dass, ähnlich wie in Baram, auch hier ein arabisches Dorf unter beratender Mithilfe der Ausgräber dem Erdboden gleich gemacht wurde. Tatsächlich wäre uns das überhaupt nicht bewusst gewesen, wenn uns Herr Lehmann nicht darauf aufmerksam gemacht hätte.
Dafür ist an älteren Steinen wieder einiges Bemerkenswertes erhalten. So betreten wir nun eine sogenannte Doppeltoranlage aus der Zeit des 10. bis 8. Jhd. vor Chr., bestehend aus einem Vortor mit einem gepflasterten Platz und einem Haupttor, das ob seiner vier Kammern an den Seiten auch den spektakulären Namen "Vierkammertor" trägt. Beide sind über eine gepflasterte Straße verbunden, die einen rechtwinkligen Knick macht. Im Bereich zwischen den beiden Toren gibt es noch einen Torhof mit steinernen Säulenbasen, auf denen möglicherweise mal eine Statue gestanden haben könnte. Das wäre dann ein Hinweis für einen Kult am Tor gewesen sein, wenn dies eine Götterstatue war. Wann immer dann ein Reisender oder Bewohner dieses Tor passierte, wusste er praktisch, welchem Gott diese Stadt gehört bzw. welcher Gott nach damaliger Vorstellung in dieser Stadt "wohnte". Ein solcher Kult am Tor würde uns auch noch häufiger begegnen. Ansonsten ist an diesem Tor noch ein bedeutender Fund gelungen, über den wir natürlich auch sprechen sollten. Inmitten einer Phase, als man in der Forschung zwischen den Extremen pendelte, als die eine Seite das Königreich Davids praktisch in all seiner Größe und Blüte, wie es die Bibel beschreibt, annahm, während die andere Seite selbst die Existenz einer Person Davids für unwahrscheinlich hielt, gelang hier der Fund der sogenannten Tel Dan Stele aus dem 9./8. Jhd. vor Christus, die zwar nur in Bruchstücken erhalten ist, die aber in ihrer Inschrift vom "Haus Davids" spricht und somit praktisch als Beweis zumindest für die Existenz eines wie auch immer gearteten Königs David herangezogen werden kann.


Unsere letzte Station in Tel Dan gehört dann zu den besonders alten Funden. Aus dem 18. Jhd v. Chr. (!) ist hier tatsächlich ein Lehmziegeltor erhalten geblieben, mit der für den Nahen Osten einmaligen Konstruktion mit drei Bögen. Das dieses Tor in für seiner Epoche untypischens Weise ebenfalls ein Vierkammertor ist, können wir uns natürlich nicht aus der Nähe ansehen, da es höchst leicht zu zerstören wäre und daher nicht betretbar ist. Auf jeden Fall gehört es zu den bedeutendsten Funden hier in Tel Dan.



Weiter geht es gleich zum nächsten Hochkaräter nach Hazor, eine Stadt, die mich in ihrer Konstruktion in Ober- und Unterstadt schon bei der Vorbereitung auf das Studienjahr irgendwie ein bisschen fasziniert hat. Dass hier eine solche Stadt entstehen konnte hat auch damit zu tun, dass hier in antiker Zeit der Handelsweg über Meggido nach Damaskus verlief -an der gleichen Stelle übrigens, wo noch heute die Hauptstraße nach Qirjat- Schemona verläuft- also an einem wirtschaftlich und strategisch sehr guten Punkt. Dabei war die Unterstadt von Hazor nur etwa vom 18. bis in die zweite Hälfte des 13. Jhd. v. Chr. besiedelt, die Oberstadt dagegen deutlich länger. So gab es erste halbnomadische Ansiedlungen dort wohl schon seit dem 27. Jhd. v. Chr. und die Bevölkerung ging bis in die hellenistische Zeit, also das 3. Jhd. v. Chr. Etwa aus der Zeit des 18. bis 16. Jhd v. Chr. stammen unter anderem ein sogenannter Breitraumtempel, der im 14. Jhd. v. Chr. wieder aufgebaut und durch eine Vorhalle erweitert wurde und ein Doppeltempel, die wir uns beide ansehen können, ebenso den dazugehörigen Altar.
Von hier aus war einst die Unterstadt zu sehen.















Ein Altar vor dem Tempel.


Der Tempelinnenraum wurde etwas aufbereitet.




























Etwa im 13./12. Jhd. v. Chr. gibt es sowohl in der Ober- als auch der Unterstadt starke Zerstörungsspuren. Der zuständige Ausgräber Yadin deutete dies damals im Sinne von Jos 11 als die Zerstörung der Stadt durch Josua, was sicherlich sehr fraglich bleibt. Auf jeden Fall ist festzustellen, dass sich nur die Oberstadt wieder davon erholen konnte und das auch nur mit einer sehr kleinen Neubesiedelung. Diese musste dann aber scheinbar so in der Zeit zwischen dem 10. bis 8. Jhd. v. Chr. (wann genau, ist umstritten) plötzlich neuen Strukturen weichen, wie beispielsweise einer sogenannten Kasemattenmauer und einem Sechskammertor (ratet mal, wie viele Kammern dieses wohl hat?), an dem sich auch so ein bisschen die Diskussion entzündet. Denn die archäologischen Spuren deuten darauf hin, dass hier wohl um diese Zeit ein König die Siedler auf Hazor enteignete um dort seine Funktionsstadt zu errichten. Nach 1. Kön. 9,15 nun war es der König Salomo, der in Gezer, Meggido und eben Hazor bauen ließ. In all diesen drei Städten fand man auch entsprechend solche Sechskammertore, ordnete diese also schon bald automatisch Salomo zu und übersah dabei, dass es auch an anderen Orten solche Sechskammertore gibt, die wahrscheinlich etwas später, nämlich unter der Königsdynastie der sogenannten Omriden, insbesondere König Ahab im Nordreich Israel, errichtet wurde. Wie man dazu kommt, erfuhren wir später noch genauer in Jesreel. Im Wesentlichen heißt das einfach, dass man wahrscheinlich damit rechnen muss, dass das hier abgebildete Sechskammertor eher nicht von Salomo errichtet wurde und man vieles, was man den großen Königen Saul, David und Salomo zuschreibt, vielleicht doch eigentlich erst den Omriden zugestehen muss.
Zu guter letzt gibt es noch eine kleine Gelegenheit sich körperlich vor dem Mittagessen zu betätigen, denn extra für uns wurde relativ neu eine Treppe angebracht, die es uns ermöglicht auf ca. 100 Stufen in ein Wasserversorgungssystem hinab zu steigen, das 45 Meter tief bis zum Grundwasser reicht. Ein solches Wasserversorgungssystem wurde gerade auch mit Blick auf mögliche Belagerungen des Ortes angelegt, um möglichst lange ohne externe Wasserversorgung auskommen zu können. Doch ein Blick auf den akutellen Grundwasserpegel lässt eher die Vermutung zu, dass man damit nicht allzu lange einer Belagerung hätte stand halten können. Herr Lehman klärt uns jedoch schnell auf, dass selbst der Grundwasserspiegel ob des enormen Wasserbedarfes der steigenden israelischen Bevölkerung in den letzten Jahren deutlich gesunken sei und man davon ausgehen müsse, dass hier zu Zeiten, als man diese Anlage erbaute, noch deutlich mehr Wasser abgeschöpft werden konnte. Diejenigen, die das Wasser dann übrigens abschöpften, waren mit ziemlicher Sicherheit ausnahmslos Frauen. Beim Anblick der ursprünglichen Treppe ergänzt durch die Zusatzinformation, dass ein entsprechender Wasserkrug schon ein Eigengewicht von fünf Kilo habe + die 20 Liter Wasser, die man zur Versorgung eines Haushaltes pro Tag eben brauchte, möchte ich definitiv mit niemandem tauschen, der diesen Krug dann wieder die 45 Meter Höhe nach oben schleppen musste. Kein Wunder, dass die Menschen damals nicht so alt wurden, denn bei derart körperlich harten Arbeiten war der Körper spätestens so mit 50 Jahren einfach "verschlissen". Ich jedenfalls bin schon ohne 25 Kilo Zusatzgepäck ganz froh, als wir wieder oben angekommen zum Essen können.

Ein Blick hinab in das Wasserversorgungssystem.















Laut Plan ist dann unsere nächste und auch schon letzte Station des Tages Betsaida, der Ort, an dem nach Joh 1 die Jünger Petrus, Andreas und Philippus geboren wurden, der Ort, an dem nach Lk 9 die Speisung der Fünftausend und nach Mk 8 die Heilung eines Blinden stattfand, aber auch der Ort, der wie auch schon im ebenfalls betroffenen Chorazin gehört, nicht von den Weherufen Jesu verschont bleibt. Kurzum ein aus biblischer Sicht durchaus bedeutsamer Ort. Umso erstaunter blicken dann erst einmal alle aus der Wäsche, als Gunnar Lehmann uns als eines der ersten Dinge vor Ort erklärt, dass man über diesen Ort nicht sehr viel sagen könne, außer dass er bestimmt nicht Betsaida sei. Das kommt natürlich erst mal ein wenig überraschend und wir fragen uns, wie man denn dann dazu käme, hier von Betsaida zu sprechen. Letzten Endes liegt es an den zwei hier auf dem Bild zu sehenden Häuserkomplexen aus römischer Zeit, die man dort fand und die man ob der entsprechenden dort ausgegrabenen Kleinfunde als ein Fischerhaus und Winzerhaus deutete. Mehr Hinweise liegen aus römischer Zeit also nicht vor und ich denke man muss kein archäologischer Experte sein um festzustellen, dass das alleine sicherlich zu wenig ist, um diesen Ort wirklich so konkret dem biblischen Betsaida zuweisen zu können. Herr Lehmann erklärt uns ferner, dass man eben manchmal einen bedeutsamen Fund präsentieren müsse, um weiterhin Gelder oder überhaupt die Lizenz für eine Grabung erhalten zu können. Wirklich schade, dass unvoreingenommenes Forschen scheinbar auch hier so schwer möglich ist, zumal dieses vermeintliche Betsaida in der Tat auch sehr bedeutsame Funde zu bieten hat, nur dass diese eben in der Bibel keine Rolle spielen. Am Stadttor auf der anderen Seite des Tels, das aus der Eisenzeit stammt, fand man nämlich eine wirklich gut erhaltene Stele mit dem Abbild eines Stieres mit sehr markantem Kopf und Hörnern und einem Schwert. Ich erkannte sie sofort wieder, als ich sie dort aufgestellt sah, weil wir sie bereits bei unserer Exkursion ins Israel Museum hatten bestaunen dürfen und ich sie damals schon irgendwie faszinierend fand. Mit einer derart bildlichen Darstellung ist sie die bislang einzige, die man so in Palästina entdeckte, wohingegen in Syrien so etwas durchaus bekannt ist. So nimmt man an, dass es sich wieder um einen Kult am Tor für eine Stadtgottheit vom Typ des syrischen Mondgottes Haran handelt.

Das eisenzeitliche Tor. Links um die Ecke steht...













... diese Stele.



Dann geht es auch schon wieder Richtung Tabgha. Früher als sonst, denn es steht noch ein besonderer Punkt auf dem Abendprogramm. Das gemeinsame Grillen für Studienjährler, Mönche und Volontäre. Nachdem die Wochen zuvor der Faktor Fleisch bei den Mahlzeiten sicher nicht im Verdacht stand, in zu großem Übermaß serviert worden zu sein, ist dies für einige unter uns ein lang herbeigesehnter Moment. Am Ende bleibt sogar noch ordentlich von allem übrig, sodass sich die Volontäre vor Ort sicherlich noch einige Zeit gefreut haben dürften. Damit ging dann auch schon unser letzter Abend der Galiläa Exkursion zu Ende. Am morgigen Abend würden wir alle wieder im Beit Josef sein.


Der elfte Tag: Jezreel, Meggido, Dor .... und Jerusalem
Bevor wir ein letztes Mal (zumindest bis zur Kreuzfahrerexkursion im Februar) in den Bus steigen und uns auf eine galiläische Tagesexkursion machen können, gilt es erst mal das Haus so zu hinterlassen, wie wir es vorgefunden haben (wobei ein "wie wir es gerne vorgefunden hätten" in manchen Teilen eher zugetroffen hätte). Genialerweise habe ich mich für das Team zur Abschlussreinigung eingetragen und muss daher besonders anpacken, allerdings gestaltet sich zumindest für mich die Sache etwas angenehmer, weil ich einerseits nicht mit dem Chlorreinigungsmittel arbeiten musste (im Vergleich zu manch anderem, der danach etwas benebelt war) und weil andererseits eigentlich alle mit anpacken, da es ja auch noch gilt, alle Sachen wieder in den Bus zu bringen und sich so die Arbeit doch auf etliche Schultern verteilt.
Und dann geht es zunächst nach Jezreel, wo wir uns aber gar nicht so lange mit einer Führung aufhalten können, da es im Prinzip nicht viel zu sehen gibt (Abgesehen von einem atemberaubenden Blick auf die Jesreel- Ebene, die wohl auch mit dem Namen des Ortes in Verbindung stehen dürfte und die gleichzeitg auch seine verkehstechnisch günstige Anbindung an die Hauptverkehrsstraße zwischen Meggido und Bet Schean ermöglichte). Die hier abgebildeten Ruinen sind ausnahmsweise einmal nicht aufbereitet worden und wirken daher zunächst etwas unansehnlich. Sie stammen von einer Befestigungsanlage, mit deren Datierung es einen direkten Zusammenhang mit dem Sechskammertor in Hazor gibt. Da man nämlich diese Anlage in das 9. Jahrhundert und die Zeit der Omriden datierte, gleichzeitig hier aber Keramik fand, die der in der vermeintlich salominischen Stadt Hazor ähnelte, war man in der Archäologie zunächst irritiert, denn zwischen diesen Königen liegen etwa 80 Jahre und dass sich in einem solchem Zeitraum die Keramik nicht ändert ist nahezu ausgeschlossen. So musste letztlich ein sogenannter Radiokarbontest das Pendel in Richtung der Omridenzeit ausschlagen lassen, was gleichzeitig auch wahrscheinlich macht, dass das Sechskammertor und alles, was auf Hazor dazugehört ebenfalls nicht von Salomo, sondern erst durch die Omriden etabliert wurde.  Nach der biblischen Überlieferung soll hier übrigens auch die Omri- Dynastie ihr Ende gefunden haben, als im sogenannten Jehu Aufstand (2. Kön 9-10) besagter Jehu den Nordreichskönig Joram und den gleichzeitig zu Besuch anwesenden Südreichskönig Ahasja, der aber wohl ebenfalls der Omri Dynastie entspringt, getötet haben soll. Die Bibel schreibt dies einem Auftrag Gottes an Jehu zu, der das Land von den bösartigen Königen befreien soll. Auf der bereits erwähnten Tel- Dan Stele allerdings rühmt sich auch der Verfasser der Inschrift, nämlich der aramäische König Hasasel, für diese Aktion verantwortlich gewesen zu sein. Möglicherweise war es also doch nicht Gott, der Jehu den Auftrag gab. 
Auf ein interessantes Detail weist uns Herr Lehmann noch hin: die große Anzahl einer bestimmten Art von Kakteen, die wir hier sehen, zeigt, dass hier mal ein arabisches Dorf stand, das ein ähnliches Schicksal erfuhr, wie schon ein paar in diesem Blog genannte Beispiele. Denn diese Kakteen sind hier eigentlich nicht heimisch und wurden tatsächlich wohl als Abwehrmaßnahme gepflanzt. Offenbar ist auch dieses Schicksal so ein wenig mit Jesreel verbunden, denn bereits eine weitere biblische Geschichte, die, auch wenn sie nicht ganz so historisch daherkommt, dennoch einen historischen Hintergrund hier haben könnte, erzählt von einer Enteignung von Land. Es ist die Geschichte von Nabots Weinberg in 1. Kön 21. So sollen der omridische König Ahab und seine Frau Isebel den Weinbergbesitzer Nabot unter falschen Anklagen haben steinigen lassen, um sich seines Weinberges zu bemächtigen und ihre Residenz auszubauen. Tatsächlich lassen sich ähnlich wie schon in Hazor Spuren dessen feststellen, dass hier zuvor bereits eine kleine Siedlung stand, die dann aber abrupt verschwand und eben dieser Funktionsanlage weichen musste. Für mich ist das wieder einmal, wie schon an einigen anderen Stellen ein guter Beleg dafür, dass die kritische Hinzunahme anderer Wissenschaften für die Theologie und die Bibel zwar einerseits dekonstruierenden Charakter haben mag, andererseits aber auch einiges davon sogar historisch verankern kann und gleichzeitig deutlich macht, wie es von den Verfassern der jeweiligen biblischen Texte beurteilt wurde. Auf diese Weise wird man zwar immer wieder mal auch etwas auf die Probe gestellt in seinem Glauben, kann aber, wenn man so etwas an sich heran lässt auch erst feststellen, wie unglaublich bereichernd, hilfreich und auch manchmal befreiend so etwas sein kann und wie man einfach in seinem Glauben wachsen und stabiler werden kann!
So, nach diesem kleinen Exkurs nun aber wieder zur Archäologie und zum letzten großen Punkt unserer Exkursionen: Meggido, einer weiteren antiken Stadtanlage. Über Meggido alleine könnte ich (oder besser gesagt man könnte) jetzt wahrscheinlich noch mal einen Post verfassen, der genau so groß ist wie dieser hier, denn es ist ein Tel, bei dem sich das Ausgräberteam zum Ziel setzte, diesen komplett auszugraben. Auch wenn dies am Ende nicht gelang aufgrund des Börsen- Crashs am schwarzen Freitag, so ist Meggido doch geprägt von einer ganzen Reihe Ruinen aus unterschiedlichsten Zeitaltern, die neben- oder übereinander dort liegen (insgesamt gibt es dort über 20 verschiedene Siedlungsschichten). Wir betrachten dort unter anderem wieder ein Sechskammertor, über das ich ja jetzt schon genug Worte verloren habe. Weiterhin betrachten wir dort auch ein Gebäude, das Gunnar Lehmann selbst mit seinem Team ausgegraben hat. Als er uns dort einige Dinge erklärt, geht eine andere Touristengruppe gerade auch an uns vorbei und ich denke mir, wenn die nur wüssten, dass wir das alles hier gerade vom Ausgräber persönlich erzählt bekommen. An dieser Stelle merkt man dann wieder, wie privilegiert man hier doch ist, das alles so machen zu können. Wir sehen dann noch einige weitere Dinge, wie beispielsweise das unter den Bildern hier gleich zu findende Getreidelager, an. An einer Stelle führt uns Herr Lehmann noch einmal etwas tiefer in eine Diskussion zur Nutzung eines Gebäudes ein. Wie es nämlich ähnlich wie in Cäsarea Maritima schon so schön durch die aus Eisenstangen umrissartig geformten Pferde suggeriert wird, würden wir uns an besagter Stelle an einem Trainingsplatz der königlichen Pferde befinden, die auch gleich ihren Stall mit Futtertrögen nebenan hatten. Nun gab es anscheinend diverse Experten, die eine Nutzbarkeit dieser Steintröge für Pferde für unmöglich hielten (wobei hier scheinbar wieder einmal die gesamte Palette an Meinungen vertreten war) und auch der Boden macht eine Nutzung als Stall unwahrscheinlich, trug er doch schon in der kurzen Zeit nach seiner Freilegung durch die dort umherlaufenden Touristengruppen erheblichen Schaden davon- und jetzt sind Touris ja bekanntermaßen nicht allzu häufig mit Hufen unterwegs. So versuchte man sich zunächst an einer Kotprobe, sprich: Ist die Konzentration an Kot in diesem Gebäude höher oder nicht, was ein entsprechender Hinweis auf eine Stall wäre? Dabei gelangte man zu der speziellen Erkenntnis, dass die Konzentration an Kot auf dem gesamten Tel extrem hoch ist, sprich, Toiletten waren einfach überall ;-) (Kommentar Gunnar Lehrmann: "Auch bedenkenswert für einen Archäologen, wenn er überlegt, dass er da drin gegraben hat"). Nun musste man also anhand der Konzentration bestimmter Stoffe im Kot feststellen, von welchen Tieren dieser stammen könnte. Und die ernüchternde Erkenntnis ergab schließlich, dass weniger mit einem stolzen königlichen Gestüt sondern viel mehr mit einer blökenden Schafsherde für diesen Ort zu rechnen sei. Sicherlich nicht die wichtigste Erkennnis des Tel Meggido, aber eine durchaus erheiternde Annekdote wie ich finde, die einige spaßige Einblicke in die Archäologie gewährt. Auch hier sollte unsere letzte Station noch einmal ein tunnelhafter unterirdischer Zugang zu einer Trinkwasseranlage sein, die sich den selben aktuellen Problemen ausgesetzt sieht, wie schon Hazor: Der Grundwasserspiegel ist extrem niedrig.


Ein weiteres Sechskammertor.

Ganz schön unübersichtlich.




























Das von Herrn Lehmann ausgegrabene Gebäude.

Das Getreidelager.

Ein Schaf wäre wahrscheinlich richtiger :-)

Der Grundwasserspiegel auf ein Minimum abgesunken.

Und dann kommen wir auch schon an unsere letzte Station, die in der Tat einen würdigen Abschluss darstellt. Es ist der 14.11.2014 und wir passieren an einem milden Freitagnachmittag zunächst ein paar Urlaubsapartments, ehe wir an einem Strand mit klarem blauem Wasser entlang auf einen Felsen zuspazieren. Von hier aus hat man einen wunderbaren Blick auf das Meer, den Strand und selbst Caesarea Maritima ist in der Ferne zu erkennen. Und natürlich auch wieder ein paar Ruinen, denn wir sind jetzt in Dor angekommen. Diese Stadt wurde offenbar schon im 20. Jahrhundert vor Christus von Kanaanäern gegründet. Im Jahre 1050 wird der Ort dann von den Phöniziern erobert, die von da an eine dominierende Rolle für Dor spielen. Trotz ihrer verschiedensten Eroberungen und Kontrollen im Laufe der Jahrhunderte (durch die Israeliten, die Assyrer, die Babylonier oder die Perser) bleibt die phönizische Kultur immer erhalten, was sich auch durch die verschiedenen Funde belegen lässt. Scheinbar waren die Herrscher auf die Erfahrungen der Phönizier in Seefahrt und Handel angewiesen. So war Dan eigentlich über einen langen Zeitraum eine blühende Hafenstadt, auch noch unter hellenistischer Vorherrschaft. Erst mit der hasmönäischen Eroberung der Stadt um 100 v. Chr. wird die phönizische Bevölkerung vertrieben. Von da an geht es mit der Stadt bergab. In der römischen Periode von 57 v. Chr. bis ins vierte Jhd. n. Chr. steht Dor unter römischer Herrschaft und wird in dieser Zeit auch zunächst eine autonome Stadt innerhalb ihrer römischen Provinz. Da aber Herodes zeitgleich den schon beschriebenen Hafen in Caesarea Maritima stärkte, trieb dies den Untergang der Stadt weiter voran. Die Ausgrabungen in Dor sind noch lange nicht abgeschlossen. Sollte also jemand der hier Lesenden nach all diesen Darstellungen noch immer Interesse an Archäologie in sich spüren oder dies gar noch größer geworden sein, sodass diese Person jetzt das unstillbare Bedürfnis verspürt, sich  ebenfalls an derartigen Grabungen zu beteiligen, so kann ich nur sagen, dass von allen Tels, die wir nun gesehen habe, Dor sicherlich zu den schönsten Arbeitsplätzen eines Archäologen gehören würde. Denn nach Feierabend noch eine Runde in das sich vor einem erstreckende Mittelmeer zu springen hat doch irgendwie etwas (genau das machen übrigens einige von uns dann auch noch).

Hier müsste man Archäologe sein ;-)


Am Abend kommen wir dann also wieder in Jerusalem an. Der Empfang fällt dieses mal nicht ganz so überschwänglich aus, dennoch ist es schon ein bisschen unglaublich, wenn man überlegt, dass wir heute schon am See Genezareth und am Mittelmeer waren.
Auch ihr seid jetzt endlich mit mir auf diesem Post in Jerusalem angekommen und ich muss jetzt im Prinzip allen danken, die nicht unterwegs irgendwo die Exkursion verlassen haben, sondern bis zum Ende hier alles noch einmal mit mir erlebt haben. Es ist dieses Mal wirklich eine Menge an wissenschaftlichen Inhalten in meinen Blog geflossen und manches davon habe ich jetzt ehrlich gesagt selbst erst so wirklich gelernt oder verstanden, als ich das hier alles noch einmal durchgedacht habe. Ich hoffe, es war dieses Mal nicht zu anstrengend und meine persönlichen Eindrücke sind dabei nicht zu kurz gekommen. Ich denke aber, es gibt auch so ein bisschen ein Bild davon wider, wie voll unsere Tage immer so an Inhalten waren. Dennoch bin ich sicher, dass die nächsten Posts dann doch wieder etwas kürzer ausfallen werden, alleine schon, weil auch für mich in den nächsten Woche einige Dinge anstehen (Referat, Prüfungen und eine Ortsführung). Mein Ziel ist es, dass ich mich vor oder zu Weihnachten noch mal bei euch melden möchte, dann unglaublicherweise ja schon aus der zweiten Hälfte meiner Zeit hier in Jerusalem - Wahnsinn! Das wird mir die Tage gerade so ein wenig schleichend bewusst.

Ein abschließendes Wort zur aktuellen Sicherheitslage in Jerusalem und wie ich das ganze hier erlebe und einschätze, sollte ich dann aber vielleicht doch noch hier lassen. Gerade in Galiläa haben wir hier das ganze natürlich- genau wie ihr- vor allem aus den Medien mitbekommen. Seit wir wieder in Jerusalem sind, hat sich das nicht wesentlich geändert um ehrlich zu sein. Das einzig wirklich nenenswerte, das ich hier live mitbekommen habe war, als ich nachts um 4 Uhr von einem lauten Knall und anschließendem Gegröhle geweckt wurde, nachdem man von israelischer Seite die Sprengung der Wohnung eines der Attentäter angeordet hatte. Ansonsten kreist hier praktisch Tag und Nacht ein Helikopter über der Altstadt, der das Ganze von oben überwachen soll und dabei gleichzeitig für eine gewisse Grundlautstärke sorgt, an der es in dieser Stadt allerdings ohnehin selten gemangelt hat ;-) Wenn man es sehen wollte, könnte man vielleicht noch feststellen, dass etwas weniger Menschen auf die Straße gehen, aber wie eine Stadt, die in Angst versinkt, wirkt zumindest der Teil, in dem ich mich bewege, nicht. Natürlich ist mir auch klar, dass es hier Viertel und Gegenden gibt, in die man aktuell besser nicht gehen sollte, aber eingeschränkt fühle ich mich da nicht davon, denn auch vor all diesen Ereignissen der letzten Wochen hatte ich selten das Bedürfnis, diese entsprechenden Orte aufzusuchen. Natürlich kann ich nicht sagen, dass ich mir nicht auch ein bisschen Sorgen machen würde, denn gerade die Anschläge ohne konkretes Ziel sind natürlich für jeden hier eine potentielle Bedrohung. Aber ich sehe das auch immer noch so, dass es einige Städte auf der Welt gibt, wo man nachts überhaupt nicht raus könnte, weil täglich viele Morde passieren und darüber wird auch nicht jedes Mal im Fernsehen berichtet (Ich war ja beispielsweise auch schon in Südafrika unterwegs). Als christlicher Student, der ein zeitlich begrenztes Studienprogramm an einer Klosterabtei ausführt bin ich momentan sicherlich kein Teil einer aktuellen Konfliktpartei und von daher sollte mit der entsprechenden Wachsamkeit und dem Vermeiden von unnötigen Gefahrorten das Risiko doch relativ klein sein, dass tatsächlich etwas passiert. Gleichwohl hoffe ich natürlich inständig, dass es bald wieder aufhört, denn ich sehe hier auch so häufig im Kleinen, wie eine friedliche Koexistenz der vermeintlichen Streitgruppen doch eigentlich sehr gut funktionieren kann. 

In diesem Sinne bedanke ich mich noch einmal bei euch, dass ihr bis zum Ende durchgehalten habt und wünsche euch eine gute Zeit weiterhin,

bis zum nächsten Mal,

Andreas


1 Kommentar:

  1. Habe durchgehalten und staune, was du alles lernst und siehst!!

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